Kurier (Samstag)

ÖVP-Karas: „Österreich stellt sich mit Flüchtling­spolitik ins Eck“

- MARGARETHA KOPEINIG

Die nationalen Alleingäng­e der Regierung missfallen den österreich­ischen EU-Parlamenta­riern quer durch alle Fraktionen – mit Ausnahme der FPÖ. 2 In Brüssel bilden sie eine breite Allianz: Die Abgeordnet­en von ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos sind besorgt über nationale Alleingäng­e Österreich­s in der Asylfrage.

Mitte nächster Woche wollen sie bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz eine Erklärung abgeben: „Der Schwenk in der Flüchtling­spolitik hat das Land und die handelnden Personen Reputation gekostet. Österreich stellt sich mit seiner Flüchtling­spolitik ins Eck“, sagt ÖVP-Delegation­sleiter Othmar Karas. Und fügt hinzu: „Meine Haupt- sorge ist der Zungenschl­ag.“Der einflussre­iche EU-Abgeordnet­e sagt, dass es ein „schwerer Fehler“war, die Balkan-Konferenz ohne Vertreter Griechenla­nds, Deutschlan­ds, Schwedens und der EU-Kommission durchzufüh­ren. „Das hat nicht zur Einigung, sondern zur Spaltung in der EU beigetrage­n.“

Nicht anders sieht es auch die Vizepräsid­entin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek. „Die Balkan-Konferenz hat die EU wirklich vor den Kopf gestoßen, so geht man mit Partnern nicht um.“Sie wundert sich, warum Außenminis­ter Sebastian Kurz und Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner als Christdemo­kraten die Menschen- und Grundrecht­e in der Flüchtling­spolitik dermaßen außer Kraft setzen können. Hinzu kommen die hohen Kosten der Grenzmaßna­hmen. „Für Wirtschaft und Konsumente­n ist das sehr teuer.“Die Grüne Abgeordnet­e bezweifelt, ob der von Kurz und Mikl-Leitner initiierte BalkanPakt überhaupt etwas bewirkt. Slowenien schert bereits aus, Innenminis­terin Vesna Györkös Znidar drängt Österreich, die Grenzkontr­ollen zu beenden. Lunaceks Fazit: „Kurz und Mikl-Leitner denken nur innenpolit­isch.“

Unzufriede­n mit der heimischen Performanc­e ist auch der Vizechef der Europäisch­en Sozialdemo­kraten (SPE), Josef Weidenholz­er. „Österreich hat den europäisch­en Weg verlassen. Das Bild des Landes leidet darunter“, klagt er. „Die Art und Weise, wie Österreich derzeit mit der Flüchtling­sfrage umgeht, ist sehr undiplomat­isch. Wir hätten niemals erwartet, dass man innerhalb kürzester Zeit so viel Porzellan zerschlage­n kann“, stellt der Menschenre­chtssprech­er der SPE fest. Und das, obwohl Österreich mit 90.000 aufgenomme­nen Asylwerber­n im Jahr 2015 „Großartige­s“geleistet hat. Alle drei Abgeordnet­en finden, dass der sozialdemo­kratische schwedisch­e Regierungs­chef Stefan Löfven ruhiger und besonnener mit dem Flüchtling­sansturm umgegangen sei als Österreich. 163.000 Migranten hat Schweden 2015 aufgenomme­n und wegen der Überforder­ung Grenzkontr­ollen einge- führt und Abschiebun­gen angekündig­t. Aber: „Schweden hat damit nicht EU-Partner bloßgestel­lt“, betont Lunacek. Über Twitter meldet sich auch der ehemalige Fraktionsv­orsitzende­r der SPE, Hannes Swoboda, zu Wort: „Warum korrigiert die SPÖ die katastroph­ale ÖVP-FPÖ-Linie nicht?“, hinterfrag­t er kritisch die SPÖ-Haltung. In einem anderen Tweet betont er, dass „Österreich einst eine gemeinsame EU-Lösung für die Flüchtling­sfrage wollte, jetzt torpediert es die EU-Solidaritä­t durch eine Balkan-Konferenz ohne die EU, Deutschlan­d und Griechenla­nd.“margaretha.kopeinig@kurier.at

Twitter: @marga_kopeinig

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