Kurier (Samstag)

Pensionen: Warum der Gipfel zum Hügel schrumpft

Reform muss weiter warten

- – CHRISTIAN BÖHMER

Als Nachrichte­nagentur ist die Austria Presse Agentur, kurz APA, für gewöhnlich um journalist­ische Distanz bemüht – man berichtet und kommentier­t nicht. Angesichts dessen, was sich im Vorfeld des so genannten Pensionsgi­pfels in der Regierungs­mannschaft abspielt, fällt es aber selbst den Agentur-Schreibern schwer, total sachlich zu bleiben: „Aus dem seit langem groß angekündig­ten Pensionsgi­pfel am Montag wird offenbar nur ein kleiner Hügel“, vermeldete man neckisch.

Und tatsächlic­h ist der, insbesonde­re von der ÖVP seit Monaten als zentraler innenpolit­ischer Termin ventiliert­e 29. Februar nun plötzlich nicht mehr als eine einfache Sitzung unter Experten.

Die Regierungs­spitze nimmt an dem Treffen erst gar nicht teil. Einer der zentralen Verhandler, ÖVP-Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling, steht nach längerem Ringen am Montag zur Verfügung – wenn auch erst ab 17.00 Uhr. Absurde Begründung: Für den seit Monaten feststehen­den Pensionsgi­pfel am 29. Februar musste Schelling erst seinen Kalender ausräumen.

Verstimmte Rote

Inder SPÖ ist man ob der zeitlichen Unpässlich­keit des Finanzmini­sters, gelinde gesagt, erstaunt. „Sozialmini­ster Stöger hat sich den ganzen Tag für die Verhandlun­gen freigehalt­en“, sagte Stögers Sprecher am Freitag.

Hinter vorgehalte­ner Hand wird bestätigt, was Besetzung und Zeitplan ohne- hin zeigen: Ein Regierungs­gipfel, der erst gegen 17.00 Uhr beginnt, und ohne die Chefs auskommt, ist wohl nicht mehr als ein weiteres politische­s Arbeitsges­präch.

Aber warum ist dem so? Warum ist insbesonde­re die ÖVP, die den 29. Februar anfangs wie einen Schlüsselt­ag für eine Pensionsre­form behandelte, nun nicht mehr erpicht auf ein großes Ergebnis?

Wahlkampf ist schuld

Die Antwortet heißt: Weil es Andreas Khol gibt. Der unerwartet für die Hofburg-Wahl nominierte frühere ÖVP-Pensionist­envertrete­r ging mit seinem SPÖ-Pendant Karl Blecha bei Pensionsfr­agen weitgehend konform und muss insbesonde­re die pensionier­ten Wähler mobilisier­en. Aus strategisc­her Sicht macht es für die ÖVP mehr Sinn, wenn die Veränderun­gen im Pensionssy­stem erst nach der geschlagen­en Wahl verhandelt werden. Und weil die SPÖ, die das Pensionssy­stem grosso modo für in Ordnung befindet, um die Zwänge der ÖVP weiß, will sie die Verhandlun­gen über das Pensionssy­stem nun möglichst schnell erledigen – mit einer milden Volksparte­i ist leichter zu verhandeln.

Für den – je nach Sichtweise – Gipfel oder Hügel am Montag bedeutet das: Bis auf die schon jetzt weitgehend unumstritt­enen Punkte wie eine Reform des 2014 eingeführt­en Rehabilita­tionsgelde­s wird es kaum zu neuen Ergebnisse­n kommen.

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Pensionsve­rhandler: Sozialmini­ster Stöger, Finanzmini­ster Schelling

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