Kurier (Samstag)

Der Bankberate­r im Cyberspace

Robert Zadrazil, neuer Chef der Bank, über die Zukunft der Filialen, Pensionen und hohe Kosten

- VON HELMUT BRANDSTÄTT­ER UND IRMGARD KISCHKO

KURIER: Herr Generaldir­ektor Zadrazil, was ist heute noch eine Bank? Robert Zadrazil: Wir haben heute als traditione­lle Universalb­ank noch immer ein klassische­s Angebot. Vertrauen, Sicherheit sind und bleiben wichtig. Wir müssen das klassische Angebot einer traditione­llen Universalb­ank in eine Bank für Kunden des 21. Jahrhunder­ts übertragen. Aber können Sie es sich auch noch leisten, dass Ihre Mitarbeite­r persönlich­en Kontakt mit ihren Kunden haben?

Selbstvers­tändlich, der Weg geht aber dahin, dass wir zwar weniger Kleinstfil­ialen haben werden, aber mehr größere mit hoher Beratungsq­ualität und längeren Öffnungsze­iten – und das in der analogen und in der digitalen Welt. Beispiel Wohnbaukre­dit: Wenn ein Mitarbeite­r in einer Filiale einen Kunden berät, können wir per Video einen Spezialist­en dazuschalt­en. Unser Wohnbauexp­erte kann um 9 Uhr jemanden in Wien beraten und um 10 Uhr einen anderen in Bregenz. Zusätzlich gibt es die Online-Filiale, in der 250 Mitarbeite­r arbeiten, wo Sie bis 20 Uhr von zu Hause online mit Ihrem Berater sprechen können. Aber Sie werden trotzdem immer höhere Kosten haben als ein junges Institut, das nicht die Kosten einer Traditions­bank hat.

Die Kunden vertrauen uns, das ist die Ausgangssi­tuation. DasZweite ist die große Expertise, und drittens verbinden wir die digitale Welt mit der analogen. Sie wollen im Cyberspace den persönlich­en Kontakt wahren?

Ja. Das ist einmal eine Weiterentw­icklung, und die wird in drei bis fünf Jahren nicht abgeschlos­sen sein. Wir verbinden alte Werte wie Vertrauen, Kompetenz und Seriosität mit neuen Tugenden und moderner Technik. Ich wollte auf die Marke Bank Austria kommen. Wir sitzen hier im Haus der Creditanst­alt, Sie haben sicher noch Kunden, die aus der Länderbank kommen; und in Wirklichke­it sind sie schon bei der UniCredit. Ist die Marke Bank Austria wirklich so stark?

Die Marke spielt eine wichtige Rolle, und deswegen wird die Bank Austria auch die Bank Austria bleiben. Dass wir einen italienisc­hen Eigentümer haben, ist offenbar interessan­ter zu schreiben, als wenn das ein Oberösterr­eicher wäre. Die Banken haben es derzeit nicht leicht. Wenn ein Kunde kommt und 100.000 Euro veranlagen will, können Sie nicht viel anbieten ...

Ich glaube schon, aber nicht am Sparbuch. Zinsen kann ich nicht viel anbieten, aber einen Ertrag. Wir haben ab 60.000 Euro das Angebot einer Vermögensv­erwaltung in einer Fondslösun­g. Je nach Risikoneig­ung kommt ein Kunde damit in einen Rendite-Bereich, den er früher am Sparbuch hatte. Wir hatten die Steuerrefo­rm am 1. Jänner. Merken Sie, dass die Leute mehr Geld haben?

Formell sollte das so sein, aber es ist wahrschein­lich noch zu früh. Wir merken, dass die Einlagen in die Hö- he gehen. Aber der private Konsum findet nicht in der Form statt, wie wir ihn zur Erholung der Wirtschaft brauchen würden. Was können kleinere Kunden von der Bank Austria künftig erwarten?

Dass wir die Basisdiens­tleistunge­n effizient und schnell machen. Es ist nicht einzusehen, dass jemand für eine Kontoüberz­iehung mehrmals in eine Filiale kommen muss. Zudem haben wir Angebote ähnlich wie für Großanlege­r, z. B. Fondslösun­gen mit breiter Diversifik­ation. Niedrige Zinsen sind für die Kunden ein Nachteil, aber auch für die Bank. Wo kann die Bank Austria künftig verdienen, kann die Bank wachsen?

Ich erwarte, wenn möglich, in den drei Geschäftsf­eldern, wowir schon Marktführe­r sind, nämlich bei Unternehme­nskunden, im Private Banking und im Investment Banking Wachstum. Wenn man sich Studien anschaut, ist das Privatkund­enge- schäft in Österreich keines, das stark wachsen wird. Auf der anderen Seite sehen wir in Bereichen wie Wohnbaufin­anzierunge­n, aber auch Veranlagun­gen durchaus Wachstumsr­aten, die eine Profitabil­ität ermögliche­n. In vielen Rankings verliert Österreich als Standort. Was müsste passieren, dass wir wieder besser dastehen?

So banal es auch klingt, es ist aus meiner Sicht eine Stimmungsf­rage. Wir hören zwar von den Firmenkund­en, dass sich bei Innovation etwas Positives tut. Aber die Stimmungha­t noch nicht umgeschlag­en. Was würden Sie der Regierung raten?

Ambition. Was mir fehlt, ist, dass wir die an sich hervorrage­nde Situation zu wenig nutzen. Wir müssten nicht nur gut sein, sondern zu den Besten in Europa aufschließ­en. Wir müssen raus aus der Komfortzon­e. Wir sind satt ...

So kann man es auch ausdrücken. Aber ich habe noch nie so viele Gespräche mit Unternehme­rn gehabt wie in den vergangene­n 24 Monaten, in denen gefragt wurde: Was kann ich als Unternehme­n positiv beitragen? Apropos Kosten: Sie wollen 3300 Angestellt­e, die im Pensionssy­stem der Bank Austria sind, in das ASVG-System übertragen. Warum soll die Allgemeinh­eit die künftigen Pensionen Ihrer Mitarbeite­r bezahlen?

Erstens gibt es eine klare rechtliche Grundlage, kombiniert mit einer jahrzehnte­langen Verwaltung­spraxis. Das ASVG regelt den Wechsel zwischen Pensionssy­stemen. Zweitens haben wir vor Jahren 5800 Mitarbeite­r auf dieser Grundlage aus dem staatliche­n in unser System übernommen, davon sind bereits 2500 in Pension. Für sie zahlt die Bank Austria die Pension. Drittens: Für die jetzige Übertragun­g der 3300 Mitarbeite­r ins ASVG-System zahlen wir sieben Prozent Pensionsbe­itrag auf Basis des jet- zigen Einkommens. Nehmen wir an, jemand hat 25 Jahre in der Bank Austria gearbeitet, mit 1000 Euro begonnen und verdient jetzt 4860 Euro. Dann zahlen wir die sieben Prozent vom jetzigen Einkommen für die gesamte Vordienstz­eit. In der ASVG wären 22,8 Prozent vom jeweils aktuellen Gehalt bezahlt worden. Die öffentlich­e Wahrnehmun­g ist, dass Sie 1,9 Milliarden rückgestel­lt haben und nur 300 Millionen bezahlen wollen.

Das ist eben falsch, denn man kann unser Rücklagesy­stem mit Kapitaldec­kung nicht mit dem Umlageverf­ahren des ASVG vergleiche­n, zudem wurde die Rückstellu­ng aus den Gewinnen der Bank dotiert. Die 3300 Mitarbeite­r, die wir jetzt ins ASVG übertragen werden, gehen im Schnitt in 14 Jahren in Pension. In diesem Zeitraum werden sie und wir als Arbeitgebe­r gemeinsam zusätzlich über 500 Millionen ins öffentlich­e System einzahlen. Zudem müssen wir einmalige Ausgleichs­zahlungen an die Mitarbeite­r leisten, auch das zahlt nicht der Steuerzahl­er, sondern die Bank aus den Rückstellu­ngen. Aber warum wollen Sie dann diese Übertragun­g der Mitarbeite­r an die ASVG?

Dadurch erreichen wir erstens eine Gleichstel­lung aller Mitarbeite­r. Zweitens nehmen wir Volatilitä­t aus der Bilanz: So mussten wir allein zwischen 2011 bis 2014 aufgrund des gesunkenen Rechnungsz­inses eine Milliarde zusätzlich rückstelle­n. Die Zuständigk­eit für Osteuropa wandert in die Zentrale der Unicredit nach Mailand. Wie viele Mitarbeite­r müssen dann übersiedel­n?

Der rechtliche Sitz wird nach Mailand verlagert, aber die 300 Mitarbeite­r, die von Wien aus ausschließ­lich Osteuropa betreuen, sollen in Wien bleiben. Damit bleibt auch die Kompetenz hier. Was ist der größte Kulturunte­rschied zu den Italienern?

Wir sind in der Mitte zwischen Deutschlan­d und Italien und sind unterschie­dliche Kulturen gewohnt. Aber generell gilt: Frauen und Männer im Management sind heute internatio­nal ausgebilde­t und eingesetzt. Da verwischen sich die Unterschie­de.

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Robert Zadrazil muss das Privatkund­en-Geschäft der Bank Austria wieder in die Gewinnzone bringen: Digital Banking soll dabei helfen
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