Kurier (Samstag)

Fabelhafte WELT vea kaiser

- Vea.kaiser@kurier.at

Hunderte Städte, Zehntausen­de Zuschauer, hunderttau­sende Kilometer von Bad Radkersbur­g bis Kiel – schön war’s, aber jetzt ist die Lesereise vorbei. Weil wir Schriftste­ller jedoch liebend gerne diesen Punkt hinauszöge­rn, wo man wirklich etwas Neues schreibt, wo man nicht nur in der endlosen Welt der Möglichkei­ten dahinträum­t, sondern in tagelanger Einsamkeit auf das leere Papier starrt, hatte ich edel prokrastin­ierend vor, zuvor Amerika zu erobern. Doch nicht nur Österreich macht seine Grenzen dicht. Was Schnitzell­and kann, können die großen Länder (mit Ausnahme des Skifahrens) noch viel besser, und so verschärft­en die USA Anfang des Jahres ihre Einreisebe­dingungen. Ob man mit Blick auf die Freiheitss­tatue in einen Burger beißen darf, hängt nun nicht mehr von der Staatsbürg­erschaft ab, sondern auch davon, welche Länder man zuvor bereist hat. Als Niederöste­rreicherin, die mal im Iran war, stehe ich also unter Verdacht, terroristi­sch radikalisi­ert worden zu sein. (Vielleicht weil Erwin Pröll fast so lange herrscht wie die Mullahs?) Aber egal! Wenn ich nach Monaten auf Lesereise eines weiß: Wir müssen nicht in die Ferne reisen. Österreich hat alles zu bieten! Urwald, Berge, Kultur, Wüsten (industriel­ler Natur) und sogar ein Meer! (Wenn auch das Steinerne). Burger gibt es bei Hunderten Imbissbude­n, deren Wände oft die Freiheitss­tatue auf Fototapete ziert. Und wer will schon nach Neuseeland, wenn man den Neusiedler­see hat! Dieses Kronjuwel des Sommertour­ismus geriet schändlich in Vergessenh­eit. Es wird Zeit, dass wir den Gelsen den Kampf ansagen und ihn zurückerob­ern! Eigentlich heißt es, Reisen erweitert den Horizont, doch im Seewinkel ist eh alles so flach, dass man genug Horizont bekommt. Längerfris­tig wird uns ohnehin nix anderes über bleiben. Denn wer sich abschottet, der ist abgeschott­et.

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