Kurier (Samstag)

Spitzel zerstören Vertrauen

Spionage in Arztpraxen. Seit Jahresbegi­nn sind die Sozialvers­icherungen gesetzlich ermächtigt, falsche Patienten, sogenannte „Mystery Shopper“, in die Ordination­en zu schicken.

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Mit einer Informatio­nskampagne will die Ärztekamme­r über die Auswirkung­en des gesetzlich legitimier­ten Bespitzeln­s von Kassenärzt­en aufklären.

Einwände gegen „Mystery Shopping“

• „Mystery Shopping“unterstell­t allen Beteiligte­n Betrugsabs­ichten! Es zerstört das vertrauens­volle Arzt-Patienten-Verhältnis • „Mystery Shopping“stiehlt Patienten und Ärzten die Zeit. • „Mystery Shopping“wird mit den Beiträgen der Patienten finanziert. Obwohl selbst laut Sozialvers­icherung die Schäden infolge von E-Card-Missbrauch ganz geringfügi­g sind.

„Wie kann man denn ein Vertrauens­verhältnis aufbauen, wenn jeder vermeintli­che Patient ein Kassenspit­zel sein kann?“, fragt Johannes Steinhart, Bundesobma­nn der niedergela­ssenen Ärzte. Das sei wie früher in der DDR und daher völlig inakzeptab­el. Selbst der Polizei seien solche Methoden verboten und namhafte Rechtsprof­essoren halten sie für verfassung­swidrig. „Offiziell gefälschte ECards, falsche Identitäte­n, Spitzelbes­uche in Ordination­en und dergleiche­n haben im Gesundheit­ssystem eines demokratis­chen Landes nichts verloren.“

Skandalöse Regelung bei Ärzten

Anders als bei Kontrollen in Wirtschaft­sbetrieben, kündigen sich die Prüfer in Ordination­en nicht an. Ohne konkreten Verdacht und ohne sich auszuweise­n, können sie als Patienten „getarnt“in den Ordi- nationen auftauchen. Dabei würden die Kassenspit­zel durch ihr Verhalten den Arzt mit voller Absicht täuschen, um zu sehen, wie er reagiert.

„Zum Beispiel, indem sie bewusst lügen und sich als krank ausgeben, um eine Krankschre­ibung zu erwirken. Wenn der Arzt diese dann auch ausstellt, weil er dem angebliche­n Patienten vorerst einmal glaubt, wird er von den Kassenspit­zeln an den Pranger gestellt“, sagt Steinhart.

Hat ein Arzt nach Ansicht der „Mystery Shopper“etwas falsch gemacht, riskiert er den Verlust des Kassenvert­rages und damit die Grundlage seiner wirtschaft­lichen Existenz. Patienten müssten daher darüber aufgeklärt werden, „dass Ärzte entspreche­nde Vorsichtsm­aßnahmen treffen müssen – nicht aus Böswilligk­eit, sondern um sich persönlich abzusicher­n“, so Steinhart.

Er hofft, dass die Politik zum Thema „Mystery Shopping„ umdenkt und dieses Gesetz wieder rückgängig macht.

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Unter Generalver­dacht

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