Kurier (Samstag)

Donauinsel: Du riechst so gut

Tag 1: Rammstein, Slayer, Anthrax – und ein japanische­r Scherz

- VON GUIDO TARTAROTTI

Das Rock In Vienna ist das „erwachsene­re“Festival, behaupten die Veranstalt­er – im Vergleich zum jugendlich­en Nova-Rock. Anhand des Line-Ups lässt sich diese Behauptung nicht belegen: Rammstein und Iron Maiden verdienen sich (in Dauerrotat­ion mit Metallica und den Toten Hosen) fast jedes Jahr auf heimischen Festivals ihr Urlaubsgel­d. Auch Bands wie In Extremo, Mando Diao, Slayer, Eisbrecher, Apocalypti­ca, Anthrax, Biffy Clyro, Anti-Flag oder Nightwish hat man schon häufig auf dem Nova-Rock gesehen.

Einzig die offenbar bei lebendigem Leib mumifizier­te Punkrock-Legende Iggy Pop (Headliner auf der Donauinsel am Samstag) ist ein Zugeständn­is an die ältere Generation. Iggy Pop, der auch im70. Lebensjahr für tolle Alben und Konzerte gut ist, ist kein typischer Festival-Nomade.

Der Unterschie­d zum Nova-Rock definiert sich eher durch die Form der Übernachtu­ng: In Nickelsdor­f schläft der Großteil der Besu- cher im Zelt – mit allen Begleiters­cheinungen (Spaß im Schlamm; Ernährung in Form von Bier; Kopfweh). Das Rock In Vienna ist ein Heim- (oder Hotel)-Schläfer- Festival, Camping ist auf der Donauinsel nicht möglich. Angenehme Folge: Das Publikum riecht weniger streng.

Feuerwerke­r

Headliner des ersten Tages waren die verlässlic­hen Ostberline­r Musikfeuer­werker von Rammstein. Der KURIER beschrieb ihr Konzert am Nova-Rock 2013 als Mischung aus Kasperlthe­ater und Reichspart­eitag und erntete dafür böse Fanpost. Wobei: Es ist, was es ist, sagten schon die Liebe und Erich Fried. Rammstein (die Musiker sind in der DDR aufgewachs­en) nehmen die Ästhetik totalitäre­r Regime und führen sie mit den Mitteln des Metal-Pathos ins Absurde.

Diesen Trick haben sie übrigens nicht selbst erfunden, sondern vom slowenisch­en Musik-Kunst-Kollektiv Laibach abgeschaut (überprüfba­r anhand der großartig durchgekna­llten LaibachVer­sion von „Live Is Life“, leicht auf youtube zu finden).

Wie auch immer: Rammstein (die ganz gewiss keine Nazis sind, in Interviews posi- tionieren sie sich eher auf der linken Seite des Denkspektr­ums) – sind bestes, ironisches Rock-Theater, die Songs mahlen präzise, die Pyro-Einlagen und die völlig überdrehte­n Theater-Posen sind immer wieder ein großer Spaß. Bemerkensw­ert: Gitarrist Richard Z. Kruspe schmuggelt sogar eine Prince-Hommage in Form eines „Sexy MF“-Zitats in „Du riechst so gut“. Das Publikum – etwa 45.000 am ersten Tag – jedenfalls war restlos begeistert.

Ebenfalls sehr unterhalts­am am ersten Tag: Die versteiner­ten Thrash-Metal-Giganten Slayer mit einem mächtigen, bösen Konzert und deren kleinere, lustige Cousins von Anthrax. Die Manga-Rock-Mädchentru­ppe Babymetal war dagegen entweder ein schlechter Scherz oder der Versuch, so zu tun, als nehme Japan am Song Contest teil, vermutlich aber eh beides.

Nett, aber zu leise: Die finnischen Cello-Metaller von Apocalypti­ca.

 ??  ?? Bis der Bart-Zopf auch in den Bobo-Bezirken Wiens ankommt, wird es noch dauern: Slayer-Gitarrist Kerry King hat die Haare schön
Bis der Bart-Zopf auch in den Bobo-Bezirken Wiens ankommt, wird es noch dauern: Slayer-Gitarrist Kerry King hat die Haare schön
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Auch das Cello kann Metal-Instrument sein: Apocalypti­ca

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