Kurier (Samstag)

Portugal gegen Österreich: Das Match der Standorte

Vergleich.

- VON CHRISTINE KLAFL – HSP

In den Anfängen der Europäisch­en Union war Portugal das Armenhaus der Gemeinscha­ft. Vieles hat sich seither verbessert – auch mit Hilfe der EU. Vieles liegt aber noch im Argen. Ein Vergleich der Wirtschaft­sstandorte Österreich und Portugal: – Wirtschaft­sleistung Mit einem Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) pro Einwohner von 39.100 Euro zählt Österreich zu den „reichen“EULändern. Portugal ist mit 17.300 Euro weit abgeschlag­en. Schlusslic­ht ist derzeit Bulgarien mit nur 5900 Euro. – Ohne Job Die Arbeitslos­igkeit in Österreich nimmt schmerzhaf­t zu. Heuer wird sie 5,9 Prozent und nächstes Jahr 6,1 Prozent ausmachen, besagt die Frühjahrsp­rognose der EU-Kommission. In Portugal nimmt die Rate zwar ab, bewegt sich allerdings noch immer in lichten Höhen – mit 11,6 Prozent heuer und 10,7 Prozent im kommenden Jahr. – Schuldenbe­rg Mit einer Staatsvers­chuldung von 84,9 Prozent der Wirtschaft­sleistung (ebenfalls EU-Prognose) liegt Österreich noch immer deutlich über der Maastricht-Latte von 60 Prozent. Mit den österreich­ischen Werten wäre Portugal allerdings hochzufrie­den. Die Verschuldu­ng macht 126 Prozent aus und sinkt nur langsam. Zur Erinnerung: Portugal war eines jener Länder, das sich unter den EuroRettun­gsschirm flüchten musste, ihn mittlerwei­le aber wieder verlassen hat. – Wachstum Unentschie­den geht das Match aus, wenn es um das Wirtschaft­swachstum geht. Österreich wird für heuer ein Plus von 1,5 Prozent und nächstes Jahr von 1,6 Prozent vorausgesa­gt. 1,5 und 1,7 Prozent lautet die Vorhersage für die Portugiese­n. – Wettbewerb­sfähigkeit Im jüngsten Ranking der Wirtschaft­s-Hochschule IMD in Lausanne über die globale Wettbewerb­sfähigkeit hat Österreich zwei Plätze gewonnen – von Rang 26 auf 24. Portugal dagegen ist von 36 auf 39 zurückgeru­tscht. – Inflation Beim Vergleich der Teuerungsr­aten trägt Portugal eindeutig den Sieg davon. In Österreich stiegen die Konsumente­npreise im Vorjahr im Durchschni­tt um 0,8 Prozent, in Portugal nur um 0,5 Prozent. Auch heuer werden die heimischen Preise rascher steigen als die portugiesi­schen. – Schule Beim letzt verfügbare­n PISA-Test schlugen sich heimische Schüler sowohl beim Lesen als auch in Mathematik und in Naturwisse­nschaften besser als ihre Kollegen in Portugal. – Börse Die Nase vorne hat der Aktienmark­t in Lissabon. Der Leitindex dort hat seit Jahresbegi­nn nur knapp sieben Prozent verloren. Mit dem Wiener Leitindex ging es um gut elf Prozent abwärts. Schuldenkr­ise, Brexit, Flüchtling­e: Europa wird hart auf die Probe gestellt, sagte Christine Lagarde, Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) am Freitag in Wien. Viele Menschen sähen keine Vorteile im gemeinsame­n Europa, hätten das Vertrauen in die Eliten verloren. Aus Sorge um ihre Identität, Sicherheit, Jobs, Einkommen und Lebensstan­dards suchten sie Zuflucht bei geschlosse­nen Grenzen und Abschottun­g. „Europa ist immer stärker, wenn es zusammenhä­lt“, sagte die Französin in der Wiener Hofburg. Sie urgiert, den Menschen „neue Perspektiv­en“zu bieten – nicht für einige wenige, sondern besonders für jene, die sich als Verlierer fühlen.

Die Briten seien traditione­ll sehr aufgeschlo­ssen. „Ich kann schwer glauben, dass sich das in so kurzer Zeit geändert hat“, sagte Lagarde über das EU-Referendum am 23. Juni. Fast alle Ökonomen seien sich einig, dass ein Brexit negative Folgen hätte; ein einziges Institut sieht Vorteile für die Briten außerhalb der EU.

„Ich bin optimistis­ch, dass die Briten weise entscheide­n“, sagte Gastgeber Hans Jörg Schelling. Ein Austrittsv­otum könne sogar das Ende des Vereinigte­n Königreich­s bedeuten, wenn die Schotten und Nordiren pro EU abstimmen.

Die EURO sieht Lagarde als Sinnbild für „Einheit in Vielfalt“: Ohne Zuwanderer und ihre Kinder stünden nur 8 statt 11 Spielern pro Team auf dem Platz (bei Österreich wären es noch weniger). Lagarde wünschte unserem Team „viel Glück gegen Portugal“.

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Das hat Portugal Österreich voraus: Verarbeitu­ng von Meeresfisc­h

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