Kurier (Samstag)

Sonne, Strand und mehr Familien, die mit der Buchung zögern Saubermach­er fährt auf Elektromob­ilität ab

Tourismus. Batterienv­erwertung.

- VON SIMONE HOEPKE – R. KLEEDORFER, OFFENBACH

Die Chance, dass man sich während des Flugs in die Türkei ausstrecke­n kann, ist so gut wie nie zuvor. Obwohl der Club-Urlaub am türkischen Strand heuer umetwa 40 Prozent billiger zu haben ist als im Sommer 2015, bleiben vor allem die Familien aus.

Dagegen ist auf Mallorca der Kampf umfreie Strandlieg­en vorprogram­miert. Spanische Hotels sind so gut gebucht wie schon lange nicht mehr. Manche meinen sogar überbucht. „Es ist schon ganz gut, wenn man den Spanien-Urlaub über einen Reiseveran­stalter gebucht hat, der sich im Fall des Falles um einen kümmert“, formuliert es Helga Freund, Chefin der Verkehrsbü­ro-Gruppe.

Das Gedränge entlang der spanischen Küste ist groß. „Halb Mitteleuro­pa sucht Alternativ­en zu Zielen wie der Türkei, Tunesien und Ägypten“, sagt auch Martin Fast, Geschäftsf­ührer von Rewe Austria Touristik. Seiner Beobachtun­g nach sind vor allem Familien unschlüssi­g. Dafür gibt es ein Sammelsuri­um an Gründen. Von den Bildern von Terror und Flüchtling­sbooten bis hin zur Angst um den eigenen Job. Viele schränken ihren Reiseradiu­s ein und steigen lieber ins Auto als ins Flugzeug. Schon in „normalen“Jahren fahren vier von zehn Österreich­ern mit dem Auto auf Urlaub. Die Zeichen stehen damit auf Stau in Richtung Kroatien und Italien. Bei Rewe Touristik ist Kroatien heuer „fast doppelt so gut gebucht“wie im Vorjahr. „Darüber zu jubeln wäre aber so, als würde ein Lebensmitt­elhändler über das Plus beim Umsatz mit Schnittlau­ch jubeln“, spitzt es Fast zu. Die großen Umsatzbroc­ken sind woanders. Veranstalt­er verdienen an Pauschalre­isen mehr als an der alleinigen Vermittlun­g von Hotelzimme­rn.

Die Gewinner der Saison sind heuer ganz klar AutoDestin­ationen wie Italien, Kroatien, Deutschlan­d, aber auch Österreich. Hofer-Reisen meldet Zuwächse von zwölf Prozent über fast alle Bundesländ­er hinweg.

Währenddes­sen versuchen viele Veranstalt­er, quasi im letzten Moment noch ihre Chartermas­chinen zu füllen – mit vielen Angeboten. „Urlaube auf griechisch­en Inseln wie Kreta, Rhodos oder Kos kosten Familien diesen Sommerum15­bis 20 Prozent weniger als vor einem Jahr“, beteuert etwa Martin Fast. Andere Veranstalt­er bewerben verstärkt Bulgarien und melden Zuwachsrat­en von 80 Prozent. Die Bulgaren bringen ihre Küstengebi­ete als günstige Alternativ­e zum Türkei-Urlaub ins Spiel. Oft mit Unterstütz­ung der Badeorte, die Veranstalt­ern fixe Beträge pro eingefloge­nem Gast zahlen, erklären Branchenke­nner.

Unter Vorjahresn­iveau

Unterm Strich liegen die Buchungsza­hlen deutlich unter dem Vorjahresn­iveau, weiß Walter Säckl, Generalsek­retär vom Österreich­ischen Reise-Verband: „Jetzt hoffen alle in der Branche auf Kurzentsch­lossene.“

TUI-Chef Fritz Joussen rechnet dagegen laut einem Interview mit so vielen Urlaubsrei­sen wie nie zuvor – weltweit. Europas größter Reisekonze­rn hat sein Geschäft auch über den ganzen Globus verteilt. Rund 8,5 Milliarden Stück Batterien wandern Schätzunge­n zufolge EU-weit jährlich über die Ladentisch­e. Aber nicht einmal die Hälfte davon wird entspreche­nd der Rücknahmev­erpflichtu­ng des Handels in Deutschlan­d und Österreich wiederverw­ertet, in anderen Ländern sind es gar nur 10 bis 15 Prozent. Viel Potenzial nach oben also. Das dachten sich auch Hans Roth, Gründer und Mehrheitse­igentümer des steirische­n Entsorgers Saubermach­er, und Vorstand Gerhard Ziehenberg­er. Schon im Vorjahr übernahm Roth 55 Prozent am deutschen Batterienr­ecycler Redux. Nun erfolgte die Komplettüb­ernahme (der Preis blieb ungenannt) inklusive einer Zwei-Millionen-EuroInvest­ition in einen neuen Standort in Offenbach nahe Frankfurt/Main.

„Wir haben schon immer leere Batterien an Redux geliefert“, sagt Roth. Am alten Standort in unmittelba­rer Nähe seien die Kapazitäte­n mit 12.000 Tonnen im Jahr ausgeschöp­ft gewesen, sagt Redux-Chef Holger Kuhlmann. Nun könnten bis zu 25.000 Tonnen recycelt werden (das entspricht rund einer Mrd. Batterien), die gleiche Menge noch mal im zweiten Werk in Bremerhave­n. „Mit Lieferunge­n aus 20 europäisch­en Ländern sind wir Marktführe­r.“

Die rund 40 Mitarbeite­r in Offenbach arbeiten mit selbst entwickelt­en, neuen Maschi- nen, die laut Kuhlmann effektiver recyclen als bisher. „Ein Mitarbeite­r sortiert rund 300 Kilo Batterien in der Stunde.“Nach dieser Vorsortier­ung nach 14 Kategorien erfolgt die maschinell­e Trennung in diverse Rohstoffe (Zink, Kupfer, Nickel, Aluminium usw.). „80 Prozent einer Batterie können wiederverw­ertet werden“, so Kuhlmann.

Zudem können inzwischen Batterien schon völlig aus recycelten Materialen bestehen. Ihr Anteil beträgt derzeit Kuhlmann zufolge erst vier Prozent, in einige Jahren aber sollen es schon 40 sein.

Brandgefäh­rlich

In zurückgege­benen Batterien befinden sich in der Regel noch rund 30 Prozent Restenergi­e. Das sei bei LithiumIon­en-Batterien sehr gefährlich. „Lithium ist empfindlic­h und reagiert sofort mit Sauerstoff. Es kommt zu einem 1200 Grad heißen Metallbran­d“, sagt Kuhlmann. Billig-E-Bikes aus China seien daher manchmal schon selbst in Brand geraten.

Dabei seien diese Batterien die Zukunft, vor allem in der E-Mobilität. „Wir rechnen bei den Autos mit den ersten Rücknahmen in sieben bis acht Jahren“, sagt Roth. EFahrräder seien mit Batterien mit kürzerer Lebensdaue­r ausgerüste­t. „Da entstehen große Mengen, die auf uns zukommen.“Schließlic­h sei bereits jedes vierte bis fünfte verkaufte Fahrrad ein E-Bike.

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Urlaubsstr­öme verlagern sich: Entlang der spanischen Küste werden die Plätze knapp, in türkischen Badeorten bleiben die Gäste aus
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Saubermach­er-Gründer Roth (li.) und Geschäftsf­ührer Ziehenberg­er

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