Terror-Klage gegen Twitter & Co. Gewaltige Fotodatenbank des FBI liefert falsche Treffer
Den IT-Firmen wird die Unterstützung islamistischer Propaganda vorgeworfen
Die Familie der US-Studentin Nohemi G., die im November bei den Terroranschlägen in Paris ermordet wurde, zieht gegen Twitter, YouTube und Facebook vor Gericht. In der am Dienstag vor einem Bundesgericht in San Francisco eingebrachten Klageschrift wirft sie den Online- Netzwerken die Unterstützung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) vor.
Bei den Anschlägen am 13. November in Paris kamen 130 Menschen ums Leben. Die US-Studentin Nohemi G. war das einzige Opfer aus den USA. Sie hatte sich im Restaurant „La Belle Equipe“aufgehalten, als das Lokal angegriffen wurde. Die Familie des Terror-Opfers fordert nun von Facebook, der YouTubeMutter Google und Twitter Schadenersatz in unbekannter Höhe.
Die sozialen Netzwerke hätten den Terroristen jahrelang wissentlich ermöglicht, Propaganda zu verbreiten, Spenden zu sammeln und neue Mitglieder zu rekrutieren und damit gegen US-Anti-Terrorgesetze verstoßen, heißt es in der Klageschrift. Ohne die Unterstützung durch die Online-Netzwerke wäre das „explosionsartige Wachstum“der Terrormiliz nicht möglich gewesen.
Die Online-Netzwerke wiesen die Anschuldigungen in ersten Reaktionen zurück. Sowohl Facebook als auch Google verwiesen darauf, dass von Terroristen und ihren Sympathisanten veröf- fentlichte Inhalte nach Bekanntwerden von den Plattformen umgehend gelöscht würden. Von Terrororganisationen genutzte Konten würden gesperrt. Auch vom Kurznachrichtendienst Twitter ist bekannt, dass in der Vergangenheit wiederholt mehrere Zehntausend Profile gelöscht wurden, die der Terrormiliz zugeordnet werden konnten.
„Globale Bewegung“
Welche Rolle aber spielt die Propaganda der Terrormiliz in den sozialen Netzwerken? „Ich kenne keinen einzigen Fall in Österreich, wo jemand ausschließlich über soziale Medien radikalisiert worden wäre. Es gibt immer auch einen persönlichen Kontakt“, sagt der Politikwis- senschaftler Thomas Schmidinger von der Universität Wien dem KURIER. OnlineNetzwerke wie Facebook seien aber wichtige Propaganda- und Informationswerkzeuge für Leute, die bereits mit dem IS sympathisieren. „Es wird das Gefühl einer Gemeinschaft erzeugt und vermittelt, dass man Teil einer globalen Bewegung ist“, erklärt Schmidinger. „OnlineNetzwerke spielen in der Gesamtstrategie von Gruppen wie dem IS durchaus eine Rolle, sie sind aber sicherlich nicht der wichtigste oder gar der alleinige Faktor bei der Rekrutierung von Anhängern.“
Gegenargumente
„Bei allem was in Richtung Zensur geht, sollte man vor- sichtig sein“, sagt der Politikwissenschaftler. Gegenargumente gegen radikalisierende Botschaften hält Schmidinger für weit effektiver als das Löschen von Profilen und Inhalten. Man dürfe sich aber auch davon keine Wunder erwarten. „Leute, die für die Propaganda anfällig sind, fühlen sich von der Gesellschaft entfremdet und suchen eine solche identitätsstiftende, dem Westen den Krieg erklärende Interpretation des Islam.“
Man müsse sich auch von der Illusion lösen, dass man das Internet frei von Propaganda bekommen könne, sagt Schmidinger: „Solange man die Vorzüge des freien Netzes nutzen will, werden das auch militante Gruppen, wie der IS, tun.“ Unschuldige. Die biometrische Datenbank der US-Bundespolizei FBI ist laut einem Untersuchungsgericht fehleranfällig. Das FBI habe nicht genug getan, um „falsche Treffer“bei der Gesichtserkennung zu verhindern, stellte die dem US-Kongress unterstellte Rechnungsprüfungsbehörde GAO fest. Womöglich sei es zur fälschlichen Identifizierung Unbeteiligter als vermeintlich Verdächtige gekommen.
411 Millionen Fotos
Die Datenbank enthält 411 Millionen Fotos, was weitaus mehr ist als bisher angenommen. Darunter sind neben Fahndungsfotos der US-Polizeibehörden und US-Führerscheinfotos auch 140 Millionen Fotos aus Visa-Anträgen ausländischer Staatsbürger.
Das System dient der Identifizierung von Verdächtigen, indem aktuelle Aufnahmen mit den in der Datenbank gespeicherten Biometriedaten abgeglichen werden. Unter Berufung auf FBIMitarbeiter stellt der Bericht allerdings fest, dass die Fehlerquote des Systems von der Behörde nicht gemessen worden sei. Dies sei jedoch notwendig, denn ohne ausreichende Präzision seien die „individuelle Privatsphäre und die Bürgerrechte“gefährdet, konstatierten die Prüfer. Der Senator Al Franken, der den Bericht veröffentlichte, kündigte „harte Fragen“an das FBI zu dem Gesichtserkennungs-System an.
Weitere Kritik gibt es, weil das FBI seit 2015 auch Porträts und Fingerabdrücke von Job-Anwärtern speichert und abgleicht. Für einige Stellen müssen die Bewerber ihre Fotos und Fingerabdrücke abgeben, damit der Arbeitgeber beim FBI einen Hintergrundcheck durchführen lassen kann. So sollen bereits über 4,8 Millionen Bilder zusammengekommen sein, die aus Datenschutzgründen eigentlich nicht für Fahndungszwecke verwendet werden dürften.