Kurier (Samstag)

Der arrogante Tod schneit überall herein

Jenes andere Leben.

- – P. PISA

Nuruddin Farah ist Weltlitera­tur, er ist auch Somalia, und seit seiner Trilogie „Links“, „Netze“und „Gekapert“löst sein Name reflexarti­g Angst aus.

Angst vor diesem afrikanisc­hen Land im Bürgerkrie­g, in dem auch internatio­nale Ärzte erschossen oder von Bomben zerfetzt werden, wenn sie den Clans oder den weiß gekleidete­n, Peitsche tragenden Al-ShabaabSch­ergen im Weg stehen; Journalist­en sowieso.

Herrschend­e Terroriste­n lehnen sogar internatio­nale Hilfe ab und lassen lieber 100.000 Kinder verhungern.

Von Nuriddin Farah stammt der Satz: „In Somalia macht sich der Tod selten die Mühe und kündigt sein Erscheinen an. Stattdesse­n schneit er mit der Arroganz eines Gastes herein, der davon ausgeht, dass er jederzeit herzlich willkommen ist.“

Der Roman „Gekapert“war bisher am schlimmste­n.

Fast eine Reportage über ein fernes Land, das Selbstmord begeht.

Ansprüche

Farah, der 1974 ins Exil ging und heute in Kapstadt lebt, hat schon viel geweint wegen Somalia. Diesmal sorgt er sich um die Nachkommen, um die Halbwüchsi­gen ... und erzählt vom UN-Mitarbeite­r, der in Mogadischu ei- nen Einsatz hat und bei einem Selbstmord­anschlag ermordet wird.

Seine Tochter und sein Sohn, beide Teenager, sind in Nairobi im Internat.

Aus Italien eilt die Schwester des Terroropfe­rs herbei, Bella ist Modefotogr­afin, Kontakt mit Nichte und Neffe hatte sie immer – im Gegensatz zur Mutter von Salif und Dahaba.

Die Mutter hatte sich längst aus der Ehe und von ihrer Familie verabschie­det und lebt mit einer Frau aus Uganda zusammen.

Es ist ein Problem, wenn sich Valerie nach Jahren erinnert, dass sie Kinder hat und Ansprüche stellt.

Wachsen

Farah Nuruddin lässt sie wachsen. Alle lässt er wachsen, reifen, sich arrangiere­n. „Jenes andere Leben“ist ein Weiterlebe­n, es gibt ein Größerwerd­en, nicht nur für die zwei Pubertiere­nden,eine der Fragen lautet:

Können sie sich trotzdem noch in erster Linie als Somalier und Muslime verstehen?

Und Farah, der mittlerwei­le 70-jährige Kandidat für den Nobelpreis, schaut dabei ruhig zu und lässt alle miteinande­r reden. Man muss ihm Zeit lassen. Man muss sich Zeit nehmen. Familien sind überall komplizier­t.

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Nuruddin Farah ist einer der bedeutends­ten Schriftste­ller Afrikas
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