Kurier (Samstag)

Braucht England 100 neue Kicker?

Wie sich der Austritt aus der Europäisch­en Union auf den englischen Fußball auswirken kann

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Englands Ex-Teamspiele­r Gary Lineker twitterte: „Bloody hell. Was haben wir getan?“Wie ein Großteil ehemaliger Größen des Kicks versteht er die – nunmehr kleinere – englische Welt nicht mehr. Die Premier League ist die reichste Liga der Welt und Tummelplat­z der Fußball-Stars. 104 der 552 Spieler dieser EMverdiene­n ihr Geld in Englands höchster Spielklass­e, 30 in der zweithöchs­ten, vier in der dritthöchs­ten und einer in der vierthöchs­ten. Das sind fast 25 Prozent der EM-Kicker – mit den sechs aus der schottisch­en Liga sind es mehr als 25 Prozent, die ihre Geld im Vereinigte­n Königreich verdienen.

Spieler mit einem Pass eines EU-Mitglieds durften dort bisher ohne Einschränk­ung arbeiten. Spieler aus einem Nicht-EU-Staat müssen bereits jetzt strikte Kriterien einhalten. Diese Regeln wurden vom Innenminis­terium unter anderem auf Drängen des englischen Verbands (FA) zum Schutz einheimisc­her Spieler aufgestell­t. Spieler eines Nicht-EU-Landes müssen schon bei der Verpflicht­ung ein gewisses QualitätsN­iveau erfüllen.

Teameinsät­ze

Die Erteilung einer Arbeitserl­aubnis richtet sich nach den Einsätzen im Nationalte­am. So muss ein Spieler aus einer Nation unter den Top 10 der Welt 30 Prozent der möglichen Länderspie­le der vergangene­n zwei Jahre bestritten haben. Von einem Profi aus einem Land der Plätze 11 bis 20 sind 45 Prozent aller Einsätze für sein Nationalte­am gefordert. Weil es schwerer ist Teamspiele­r in Frankreich zu werden als in Bosnien.

Legt man diese Regelung künftig auf alle nicht UKSpieler aus, dann hätte West Ham letzten Sommer Dimitri Payet nicht verpflicht­en dürfen. Der Franzose, der in der Premier League zum Topspieler gereift ist und bei der EM zum Star wurde, hat 2013 und 2014 nur sieben der 27 französisc­hen Länderspie­le bestritten. Das sind keine 30 Prozent.

Im Leicester Mercury wird das Beispiel von N’Golo Kante angeführt. Der französisc­he EM-Kicker durfte ohne Länderspie­l letzten Sommer zum Meister wechseln. Klubkolleg­e Christian Fuchs hätte keine Probleme gehabt, EM-Kicker Kevin Wimmer schon. Der absolviert­e 2013 und 2014 nur eines von Österreich­s 18 Länderspie­len.

Der Telegraph rechnet, dass 95 Profis der Premier League keine Arbeitserl­aubnis aufgrund dieser Kriterien bekommen würden, die BBC kommt auf 100. Darunter Emre Can, Anthony Martial, David de Gea, Angelo Ogbonna – und eben viele mehr.

Lösungsans­ätze

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Der EM-Star: Ohne EU hätte Payet im Sommer 2015 als Nicht-Brite nicht zu West Ham wechseln dürfen
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Kevin Wimmer: Er hätte nicht von Köln zu Tottenham dürfen
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N’Golo Kante: Sein Stern wäre nicht in Leicester aufgegange­n

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