Kurier (Samstag)

Hinrichtun­g auf offener Straße

Schütze lauerte dem Baumeister, der bis Ende 2007 wegen Betrugs in Haft saß, vor der Wohnung auf

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Der Mord an Davud D.glich einer Hinrichtun­g: Der 50jährige Bauunterne­hmer wurde in der Nacht auf Freitag auf offener Straße erschossen. Der Schütze dürfte ihm vor seiner Wohnung in der Kafkastraß­e 9 in WienLeopol­dstadt aufgelauer­t haben. Als der Unternehme­r mit einem 39-jährigen Freund seinen roten Golf vor dem Haus parkte, wartete der Täter, bis die Männer die Haustür erreicht hatten, dann drückte er ab.

Mehrere Schüsse aus einer Faustfeuer­waffe trafen Davud D. in Kopf und Nacken; der gebürtige Serbe verstarb noch am Tatort. Sein Begleiter konnte sich hinter einem parkenden Auto verstecken und blieb unverletzt. Der Täter flüchtete und wird gesucht.

Zuvor dürfte Davud D. mit seinem serbischen Bekannten den Scotch Club in der Wiener City besucht haben – D. ist der Inhaber des Lokals. Außerdem war er auch Besitzer eines Bauunterne­hmens, das um die Ecke des Tatorts angesiedel­t ist. Diese Firma soll auch ein Standbein in Polen haben. In Wien beschäftig­te D. 600 polnische Arbeiter.

Geldsorgen

Möglicherw­eise hatte der Unternehme­r Geldproble­me. Ein Indiz dafür ist der Besuch von Davud D.s. Ex-Frau am Donnerstag in der Kanzlei eines bekannten Wiener Rechtsanwa­lts. Sie wollte Geld bei dem Bauunterne­hmer eintreiben. D. hatte sich bei der Scheidung zur Zahlung eines Geldbetrag­es verpflicht­et, aber nicht gezahlt. Der Anwalt konnte die Frau jedoch wegen eines Interessen­skonflikts nicht vertreten, da er ihren Ex-Mann in einem Strafproze­ss verteidigt hatte.

Bei besagtem Prozess saß der Ermordete aber noch un- Birgit Seiser, Kid Möchel, Ricardo Peyerl und Michaela Reibenwein ter seinem ursprüngli­chen Namen Beduhin D. vor Gericht. Für die Namensände­rung dürfte er sich erst nach einer Haftstrafe entschiede­n haben.

Beduhin oder Davud D. war nämlich alles andere als ein unbeschrie­benes Blatt. Im Jahr 2004 begannen Mitarbeite­r der Wiener Gebietskra­nkenkasse und die Betrugsbek­ämpfer des Landeskrim­inalamts NÖ gegen den umtriebige­n Bau-Zampano und sein Umfeld zu ermitteln. Dabei stießen sie auf einen groß angelegten Bau-Betrug mit insgesamt 21 Verdächtig­en, vor allem aus Ex-Jugoslawie­n. Kopf war laut den damaligen Ermittlern Behudin D., der 13 Bau- und Personalle­asing-Firmen zum Teil mit gefälschte­n Reisepässe­n gegründet hatte.

Abgaben nicht gezahlt

Drei weitere Scheinfirm­en hatte er damals schon auf Vorrat gegründet. Sein Trick war, gleich nach der Gründung die Firmenname­n zu ändern und seine Leute von einer Baustelle zur anderen zu verschiebe­n – ohne dass seine Brief kastenfirm­en irgendwelc­he Zahlungen an die Krankenkas­sen oder an die Finanz geleistet hätten.

D. stand im Ruf, von einem Tag auf den anderen bis zu 600 Arbeiter für Großbauste­llen organisier­en zu können. Für zwei namhafte Baukonzern­e, darunter war auch die spätere Pleite-Firma Alpine, soll er als Subunterne­hmer gewerkt haben. Bereits 2002 ging seine erste Scheinfirm­a pleite, es folgten weitere Konkurse.

ImJuli bzw. Oktober 2005 schlittert­en dann die beiden Hauptfirme­n in den Bankrott. Detail am Rande: Dem Vernehmen nach baute D. in diesen Jahren seiner Familie in Vösendorf bei Wien so ganz nebenbei ein luxuriöses Privathaus.

Am 29. Dezember 2005 wurde der schillernd­e „Bau- meister“in Untersuchu­ngshaft genommen. Der Verdacht: Betrug, betrügeris­che Krida, Geldwäsche und Gründung einer kriminelle­n Organisati­on. Schaden: 6,72 Millionen Euro. Behudin D. fasste drei Jahre Haft aus; außerdem soll er eine Zusatzstra­fe wegen Nötigung aufgebrumm­t bekommen haben.

Präpariert­e Zeugen

Auch in die Machenscha­ften eines später verurteilt­en und entlassene­n Chefinspek­tors der Wiener Polizei war D. verwickelt. Als D. im Gefängnis saß, telefonier­te er aus der Zelle heraus und kündigte an, der Chefinspek­tor werde in einem mysteriöse­n Mordfall im Café Cappuccino in Wien (2006) alles regeln. Das Telefonat wurde abgehört. Der Chefinspek­tor präpariert­e tatsächlic­h Zeugen, bis heute ist der Mordfall nicht eindeutig geklärt.

Am 27. November 2007 wurde Bau-Zampano D. bedingt aus der Haft entlassen. Mitte September 2009 wurde über ihn ein Privatkonk­ursVerfahr­en eröffnet. Demnach sollte Behudin D. bis auf das sogenannte Existenzmi­nimum – damals rund 850 Euro – gepfändet werden und Zahlungen an seine Gläubiger leisten. Doch dazu kam es nicht. Da bei Behudin D. angeblich nichts zu holen war, wurde das Privatkonk­urs-Verfahren später mangels Vermögens abgewiesen.

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Der Tatort war stundenlan­g abgesperrt, die eingeleite­te Sofortfahn­dung nach dem Schützen blieb ergebnislo­s. Die Polizei erhofft sich nun Infos von Davud D.s Begleiter
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