Der Untergang der „Struma“in Briefen
Das Totenschiff.
von Upton Sinclair) kein Fehler, sondern wünschenswertes Sprachrohr. Aber Kritiker haben seinerzeit von diesem Buch deshalb geschwärmt, weil es so etwas Herrliches darstellt in Dreckszeiten.
Es war die Weltwirtschaftskrise.
Zu spät
Der Lohn wird immer weniger, sofern man überhaupt welchen bekommt.
Pinneberg hat kurzfristig Glück und zunächst einen Job als Buchhalter mit 180 Mark im Monat. Der Arzt, der Lämmchens Schwangerschaft feststellt, verlangt dafür 15 Mark.
Danach kommt Pinneberg als Verkäufer in einem Kaufhaus unter. Nur 140 Mark im Monat.Als sein Baby, der Murkel, fiebert und er sich in der Früh um medizinische Hilfe bemüht, ist er um 20 Minuten zu spät am Arbeitsplatz.
Personalberater sind keine neue Erfindung, damals hieß so jemand Organisator. Für 3000 Mark im Monat gibt er Tipps, wie man sparen kann. Und Pinneberg fliegt. Einer aus der Masse der Arbeitslosen erlaubt sich die Feststellung:
Nicht „Angestellter“sollte es heißen, sondern „Angeschissener“.
Noch ein altes Wort gefällt: zwiebeln. Lass dich nicht zwiebeln.
Nicht ärgern lassen. Die beklagenswerte Geschichte vom schrottreifen Flüchtlingsschiff „Struma“geht so unter die Haut, dass ein Sachbuch genügt. Oder es müsste ein Dichter sein, der (neue) Worte dafür findet.
Der Wiener Andreas Pittler ist da offensichtlich anderer Meinung, er bewegt sich mit „Das Totenschiff“allerdings in Nähe eines Sachbuchs. Er lässt den einzigen Überlebenden David Stoliar, er starb 2014 in den USA, Briefe an die Mutter schreiben ... die er nicht abschickt, weil er nicht weiß, wo Mutter ist. (In Auschwitz war sie, ermordet wurde sie.) Der Briefroman hat den Vorteil, dass Pittler (Bild), Autor der histo- rischen Krimis um den jüdischen Kommissar Bronstein, nicht auftrumpfen muss. Der Briefeschreiber war ja kein Schriftsteller. Nur ein 19Jähriger, der 1942 mit 781 anderen Juden überleben wollte: Die Briten ließen das Schiff nicht nach Palästina, die Sowjets versenkten es irrtümlich.