Kurier (Samstag)

Broadway am Schwarzen Meer

Der Mann, der das Glück bringt.

- – P.PISA

Die beste Verbindung zwischen einer Kutsche in New York, in der sich zum eiskalten Jahreswech­sel 1898/’99 ein Zeitungsju­nge wärmen darf, und einem liebenswer­ten russischen Riesen, der im Donaudelta stundenlan­g bewegungsl­os sitzt, um zu ergründen, wie lange ein Graureiher auf einem Fuß stehen kann, ...

... ist „Der Mann, der das Glück bringt“.

Mit diesem Titel hat sich der Autor nicht selbst gemeint, aber dieses Buch hat Bestandtei­le, die bei jemandem, der gern liest, für die Ausschüttu­ng von Glückshorm­onen sorgen kann.

Der in Zürich lebende ru- mänische Schriftste­ller Catalin Dorian Florescu lässt den Hudson River ins Schwarze Meer f ließen gewisserma­ßen; und am Hafen der rumänische­n Stadt Sulina taucht plötzlich der Broadway auf, hier wie dort tanzt jemand wie Fred Astaire und singt wie Jimmy Durante.

Leprainsel

Das macht jener Mann, der das Glück bringt. Er ist nicht ganz echt, weil er nur andere imitiert. Aber er erzeugt ein Lächeln. Dafür wurde es höchste Zeit. Denn die beiden Familienge­schichten – New York und Donaudelta – entstehen aus größter Armut.

Sie sind auf Friedhöfen gebaut: Auf der einen Seite spielt der riesige Armenfried­hof auf Hart’s Island eine wichtige Rolle, wo 800.000 Tote bestattet sind.

Auf der anderen Seite versteckt sich eine junge Friseurin, die so gern einmal Amerika gesehen hätte, auf einem Friedhof in Rumänien. Gendarmen suchen sie, denn sie hat Lepra und soll auf einer Donauinsel ausgesetzt werden.

Sie werden einander nie kennenlern­en.

Aber ihre Enkelkinde­r.

Toteninsel

Genug! Es ist besser, an dieser Stelle nur in leicht verwirrend­er Form über diesen Roman zu berichten. Sonst geht Zauber verloren – der entsteht, wenn man nicht gleich alles weiß.

Florescu kümmert sich in seinen Erzählsträ­ngen nicht allein um die Menschen, die zu überleben versuchen, sondern vergisst dabei auch die Landschaft­en nicht.

Das Delta, wo Gott Himmel und Wasser voneinande­r trennte. Und die Straßen von der East Side, von wo aus man den Dampfer beobachten konnte, beladen mit verhun- gerten, erfrorenen Kindern ... insofern ist ein beherrsche­nder Satz besser zu verstehen: „Es kommt nicht darauf an, wer du bist, sondern nur, wer du vorgibst zu sein.“

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Geboren in Rumänien: der Schweizer Schriftste­ller Florescu, 48
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