Kultkino Kinokult
Der versoffene und heruntergekommene ExHilfssheriff Dude, dargestellt von Dean Martin, wankt in einen Saloon und muss hilflos zusehen, wie die Cowboys an der Bar ihren Whiskey schlürfen. Er hat kein Geld und als ihm einer der Männer, Joe, provozierend einen Dollar in den Spucknapf wirft, ist er bereit, diesen mit bloßen Händen herauszufischen. Als plötzlich ein Stiefel den Napf wegtritt. Chance, der Sheriff und Freund des Trinkers, mag das gemeine Spiel der Demütigung und Selbsterniedrigung nicht mitansehen. Zum Dank zieht ihm Dude eins über den Schädel und als einer der Cowboys eingreifen und den Kampf schlichten will, wird er als Spielverderber von Joe eiskalt erschossen. Wenig später und noch ziemlich angeschlagen, macht sich der von John Wayne gespielte Sheriff in der nächsten Bar daran, den Mörder dingfest zu machen und diesmal ist es Dude, der ihm unerwartet zu Hilfe kommt. Und in einem Hinterhalt das Leben rettet. Die folgenden zwei Stunden von „Rio Bravo“sind eine Art Showdown, in dem der Killer in der Zelle des örtlichen Sheriffbüros festgehalten und gegen die Befreiungsversuche seines mächtigen und brutalen Bruders Nathan verteidigt wird. Von Chance, Dude, dem alten, krächzenden Hilfssheriff Stumpy, gespielt von Walter Brennan, und einem jungen Burschen namens Colorado, dargestellt von Ricky Nelson, der sich den Deputies angeschlossen hat. Und auf die Frage von Wayne, weshalb er dies tut, einfach antwortet, „Because I want to see closer“. Aber „Rio Bravo“ist nicht nur eines der schönsten und beglückendsten Beispiele des Western-Genres, son- dern zugleich Abenteuerfilm, Lovestory, Musical, Kammerspiel und Komödie und ganz einfach einer der großartigsten und makellosesten Filme der Kinogeschichte. Und zu den vier Männern kommt die junge, durchreisende Falschspielerin Feathers, die John Wayne mehr aus der Fassung bringt als jeder Gunman. Die Szenen zwischen ihm und Angie Dickinson sind die pure, lustvolle Verkehrung aller Geschlechterklischees, physisch und waghalsig wie kein anderer als Howard Hawks sie zu inszenieren wusste. „I don’t act“, pflegte Wayne auf seine Schauspielkunst angesprochen, mürrisch zu erklären, „I react“. Die andere „Liebesgeschichte“, die Hawks wagt, ist eine noch ungewöhnlichere: die tiefe Freundschaft und Treue zwischen Chance und Dude. Die raue, wortkarge Fürsorglichkeit John Waynes für seinen Freund, der verzweifelt gegen den Alkohol und für die Wiedergewinnung seiner Würde kämpft. Und die wilde Bereitschaft Dean Martins, sich in aller Verbundenheit auch in der größten Gefahr auf die Seite des Sheriffs zu stellen. „You think you invented the hangover“, knurrt Chance und es klingt fast wie ein liebevoller Trost. Der souveräne Rhythmus des Films, seine erzählerische Getragenheit, der plötzliche Übergang von Ruhe zu Gefahr, der Wechsel aus der Enge des Sheriff-Office hinaus in die offene Stadt, die wiederkehrende Musik und das schlackenlose Spiel der Darsteller, all die unterschiedlichen filmischen Elemente gehen in „Rio Bravo“eine so selbstverständliche und wundersame Verbindung ein, als würde für den ganzen Film gelten, was Chance einmal über den Burschen Colorado bemerkt: „I’d say he’s so good, he doesn’t feel he has to prove it“. „Rio Bravo“in der Originalfassung mit deutschen Untertiteln im Metro Kinokulturhaus am 28. Juni um 20 Uhr und am 29. Juni um 18 Uhr
(1896 - 1977) Ob „Scarface“oder „Leoparden küßt man nicht“– Hawks schuf unvergessene Klassiker. (US 1959)
HOWARD HAWKS „RIO BRAVO“
JULES FURTHMAN, LEIGH BRACKETT, NACH DER GLEICHNAMIGEN KURZGESCHICHTE VON B. H. MC CAMPBELL
JOHN WAYNE, DEAN MARTIN, RICKY NELSON, WALTER BRENNAN, ANGIE DICKINSON 141 MIN, FARBE, OMU, 35 MM
Drehbuch: Darsteller: