Die Promenade des Anglais: Eine Flaniermeile für Arm und Reich
Bucht der Engel. Nizza ist auch ein Rekrutierungszentrum für Dschihadisten
Das Luxushotel Negresco an der Promenade des Anglais wurde in der Nacht kurzerhand in ein Lazarett umfunktioniert. Im Ersten Weltkrieg war es auch einmal ein Militärspital. Dieses Hotel der Belle Époque symbolisiert den immensen Luxus an der Côte d'Azur, es liegt am teuersten Strandabschnitt Nizzas, da, wo sich die Fünfsterne-Hotels bis zum Palais de Méditerranée aneinanderreihen, da, wo auf dem Schotterstrand dunkelblaue Schirme und weiße Liegen auf Kundschaft warten.
Der Attentäter hat genau in dieser Postkartenidylle zugeschlagen. Seit dem 19. Jahrhundert entwickelte sich Nizza von der verschlafenen Hafenstadt zur mondänen Kurmetropole für Russen, die dem Winter entkommen wollten, und Engländer, die Zeit und Muße hatten, am azurblauen Meer auszuspannen. Die Hocharistokratie und Industriellenfamilien bauten sich schlossähnliche Häuser. Königin Victoria und die Zarenfamilie kamen auf Besuch.
Ein Paradies auch für Geschäftsleute und Glücksritter. Seit 1860 gibt es beispielsweise die durch einen Woody-Allen-Film weltberühmte Weinhandlung Cave Bianchi ganz in der Nähe des berühmten Marktes Cours Saley in der Altstadt und gewissermaßen am Ende der Promenade des Anglais. Die Luxusgäste wollten damals nur den feinsten Champagner und Bordeaux trinken, der Weinhändler konnte sich deshalb als erster Einheimischer ein Automobil leisten und damit ausliefern.
Soweit die glorreiche Ver- gangenheit. Die Gegenwart ist trister. Die Franzosen kürzen ihre Uferstraße Prom ab, was heute besser passt. Denn die Engländer sind weg, und der öffentliche Raum gehört allen. Unter den Opfern, die das Feuerwerk sehen wollten und dann von einem Lastwagen überfahren wurden, waren viele junge Leute mit nordafrikanischem Migrationshintergrund.
Hohe Arbeitslosigkeit
In der Baie des Anges, Bucht der Engel, in der Nizza liegt, gibt es eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Hinter den prachtvollen Fassaden tut sich eine 360.000-Einwohner-Stadt auf, in der es No-goAreas gibt. Die Wirtschaftskrise hat die Stadt im Griff. In der Region Provence-AlpesCôte d'Azur holte im Dezember Marion Marechal-Le Pen für den rechtsradikalen Front National 45,2 Prozent der Stimmen. Nizza blieb gerade noch konservativ.
Die Stadt gilt als Rekrutierungszentrum für Dschihadisten. Der Franko-Senegalese Oumar Diaby, besser bekannt als Omar Omsen soll viele junge Franzosen für den Dschihad in Syrien rekrutiert haben. Seit 2013 hält er sich dort auf. Davor war er als radikaler Hassprediger in Nizza aktiv. Im Juni tauchte er in einem Film des französischen Senders France 2 auf. Darin ist zu sehen, wie er eine Gruppe von rund 30 Franzosen kommandiert. Die meisten von ihnen stammen aus Nizza und Umgebung. Im Film rechtfertigt er die Anschläge von Paris als Vergeltung auf die Angriffe auf Frauen und Kinder in Syrien.