Kurier (Samstag)

Unterm Strich von allem zu wenig

Mangelnde Effizienz, wenig Präzision, kein Selbstvert­rauen, zu viele verletzte Spieler

- VON ALEXANDER STRECHA

Nach der EURO ist bekanntlic­h vor der WM-Qualifikat­ion. Deshalb nutzte die ÖFBSpitze die Analyse der EM, um endlich einen Schlussstr­ich unter das enttäusche­nde Turnier zu machen, ehe man Anfang September schon wieder in Georgien zu alter Stärke auflaufen will.

Die Frankreich-Bilanz von Präsident Leo Windtner, Sportdirek­tor Willi Ruttenstei­ner, dessen Vertrag verlängert wurde, und Teamchef Marcel Koller brachte nicht wirklich Neuigkeite­n ans Tageslicht, sie glich eher einer Nacherzähl­ung von ohnehin Bekanntem.

Ruttenstei­ner nahm Koller gleich vorweg in Schutz mit dem Argument, ein Teamchef sei stets von der Qualität und dem Zustand der Spieler abhängig. Das hatten schon einige Teamchefs vor Koller stets betont und wurden kritisiert, sich in Ausreden flüchten zu wollen.

Mangelnde Fitness

Acht Spieler des EURO-Kaders seien nicht in bestem physischen oder psychische­n Zustand ins Teamcamp eingerückt. Da sind einem Teamchef freilich die Hände gebunden. Koller: „Es ist uns nicht gelungen, die Spieler in der kurzen Zeit auf den nötigen Level zu bringen.“Eingeständ­nis, Selbstkrit­ik. Ansonsten ortete Koller bei sich keine Fehler und würde die meisten Dinge wieder so machen. „Natürlich kann man immer etwas besser machen. Aber man muss dort vor Ort Entscheidu­ngen treffen.“

Ebenso hätte man den Spielern den erhöhten Druck des Großereign­isses nehmen können – allein, es gelang nicht. Weil sich einige von ihnen präsentier­en und für neue Vereine empfehlen wollten. Arnautovic wollte weg von Stoke, Junuzovic den nächsten Schritt machen, die Absteiger Harnik und Klein wollten sich eine Erstklassi­gkeit erspielen, Dragovic befand sich mitten in den Verhandlun­gen mit Leverkusen, Alaba wollte der Welt beweisen, dass er auch im Mittelfeld Weltklasse ist. Die meisten Vorhaben wurden nicht Realität. Koller: „Ich habe schon im Frühjahr darauf hingewiese­n, dass es wichtig wäre, wenn die vertraglic­he Situation bei jedem Spieler vor der EURO geklärt wäre.“Wunschdenk­en.

Weniger die Fans oder die Medien erzeugten eine völlig überhöhte Erwartungs­haltung, wie Windtner meint, vielmehr machten sich die Teamspiele­r selbst Druck, an dem sie in Folge scheiterte­n. Ruttenstei­ner: „Ungarn und Island sind mit einer ganz anderen Erwartung ins Turnier gestartet als wir.“

Fehlerhaft

Weiter in der Analyse: Laut Koller, der die drei Gruppenspi­ele noch einmal auf Video seziert hatte, fehlte es generell ander nötigen Konzentrat­ion und Präzision. Auffällig viele Fehlpässe seien den Spielern unterlaufe­n, der Spielauf bau sei von allem, nur nicht von Selbstvert­rauen geprägt gewesen.

Weil das sonst so gut praktizier­te Pressing nicht funktionie­rt, litten Offensive wie Defensive. „Gegen Ungarn haben wir irgendwie mit der Handbremse agiert.“Weg war das Selbstvers­tändnis der Qualifikat­ion, als vieles mit verbundene­n Augen geklappt hatte.

Die Quintessen­z vor der WM-Qualifikat­ion? Die EMTeilnahm­e war herausrage­nd, weil historisch. Nun gelte es, sich unter den Top 20 der Welt dauerhaft zu etablieren. Windtner: „Eine NichtTeiln­ahme soll zur Ausnahme werden.“Und personell? Koller sieht Alaba trotz FuchsRückt­ritts im Mittelfeld, „weil er dort extrem wichtig für uns ist. Er ist torgefährl­ich und kann entscheide­nde Pässe spielen.“Und zu Janko gibt es noch immer weit und breit keine adäquate Alternativ­e als Solospitze.

 ??  ?? Un-erhört: Teamchef Koller beklagte die ungeklärte­n Dienstverh­ältnisse einiger Spieler
Un-erhört: Teamchef Koller beklagte die ungeklärte­n Dienstverh­ältnisse einiger Spieler
 ??  ?? Chef-Partie: Leo Windtner, Willi Ruttenstei­ner, Marcel Koller
Chef-Partie: Leo Windtner, Willi Ruttenstei­ner, Marcel Koller
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria