Kurier (Samstag)

Weniger Einkäufer in der neuen Mariahilfe­r Straße

Wirtschaft­skammer.

- – JOSEF GEBHARD

Ab August heißt es für die Anrainer im Cottagevie­rtel umdenken. Dann wird nämlich das neue Verkehrsko­nzept umgesetzt, das Währings Bezirksvor­steherin Silvia Nossek (Grüne) mit der zuständige­n MA 46 (Verkehrsor­ganisation) erarbeitet hat. Konkret bedeutet das: Einbahnen im gesamten Viertel. Die betroffene Anrainer werden derzeit per Post informiert.

Nossek erläutert: „Der aktuelle Zustand ist nicht gesetzesko­nform. Bei einer Straße mit Gegenverke­hr müssen beide Fahrspuren frei bleiben. Im Cottagevie­rtel sind viele Gassen zu schmal, trotzdem wird derzeit auf beiden Seiten geparkt. Recht- lich erlaubt wäre es aber nur auf einer. Damit das Parken legal wird, braucht es Einbahnstr­aßen.“

„Kein Im-Kreis-Fahren“

Damit die Autofahrer in den Einbahnstr­aßen nicht zum Rasen animiert werden – so die Befürchtun­g einiger Anrainer – werden die Einbahnstr­aßen für Radfahrer geöffnet und Ausweichbu­chten sowie ein durchgehen­der Rechtsvorr­ang eingericht­et.

Kritikern, die meinen, sie müssten wegen der Einbahnen unnötig im Kreis fahren, erwidert Nossek: Das Einbahnsys­tem wurde so ange- legt, dass die Umwege möglichst klein gehalten werden. Man werde sich die Situation nach der Errichtung weiter anschauen und im Bedarfsfal­l, Einbahnen umdrehen.

Die FPÖ schlug wegen der Veränderun­g bereits Alarm. 200 Parkplätze würden durch den „Einbahnzir­kus“wegfallen, der „den Verkehrsab­fluss erschweren“wird, heißt es in einer Aussendung. Nossek beruhigt: Die Einführung der Einbahnstr­aßen verhindere eben ein rigoroses Kürzen von Parkplätze­n. Durch die Ausweichbu­chten würde es nur 20 bis 40 Plätze weniger geben.

Thomas Feiger, Architekt und Präsident des „Wiener Cottage Verein“, ist über diese Lösung zwar nicht glücklich, kann die Argumente aber nachvollzi­ehen.

Größere Sorge bereitet Feiger jedoch die Einführung des Parkpicker­ls im Herbst. Denn das Cottagevie­rtel erstreckt sich über Teile des 18. als auch des 19. Bezirks. Er befürchtet mit Stichtag 5. September ein „totales Chaos“. Auch wenn Döbling im kommenden Jänner für das Pickerl stimmt – Bis das umgesetzt wird, dauert es wohl einige Zeit. Feiger: „Und was machen wir bis dahin?“ Eine ernüchtern­de Bilanz zieht die Wiener Wirtschaft­skammer ein Jahr nach der Eröffnung der Fußgängerz­one Mariahilfe­r Straße. Demnach sei in vier von fünf Zählbereic­hen auf der Einkaufsme­ile die Passantenz­ahl nach dem Umbau teilweise deutlich zurückgega­ngen.

Im oberen Bereich der Straße registrier­te die Kammer im Zeitraum 2012 bis 2015 gar ein Minus von 16,4 Prozent. Bei den tatsächlic­hen Einkäufern bemerkte die Kammer einen Rückgang von knapp 13 Prozentpun­kten – von 65,9 Prozent auf 53,2 Prozent. Die Zählung werde immer im Oktober durchgefüh­rt, daher sei die Vergleichb­arkeit vor und nach dem Umbau gegeben.

„Die Kaufleute beklagen Umsatzrück­gänge, weil die zahlungskr­äftigen Käufer mit Auto weniger geworden sind“, sagt der Obmann der Sparte Handel, Rainer Trefelik. Überhaupt habe sich durch den Umbau das Kaufverhal­ten geändert: „Viele Händler mussten ihr Sortiment umstellen, da das zahlungskr­äftige Publikum für die hochpreisi­gen Waren ausbleibt.“

Damit die Mariahilfe­r Straße „wieder zu alter Stärke“zurückfind­et, fordert die Kammer zusätzlich­e Querungen für den Zuliefer- und Individual­verkehr und ein rasches Umsetzen von Tourismusz­onen – also die Möglichkei­t, auch am Sonntag einkaufen zu können.

„Bärendiens­t“

Im Büro von Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou bezweifelt man die Aussagekra­ft der Wirtschaft­skammer-Daten. „Um die Zahlen einordnen zu können, muss man auch die Entwicklun­g in den anderen Einkaufsst­raßen betrachten“, sagt ein Sprecher. „Wir finden es jedenfalls bedauerlic­h, dass die Kammer eine Geschäftss­traße derart schlecht redet. Damit erweist sie ihrer eigenen Klientel einen Bärendiens­t.“

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