Weniger Einkäufer in der neuen Mariahilfer Straße
Wirtschaftskammer.
Ab August heißt es für die Anrainer im Cottageviertel umdenken. Dann wird nämlich das neue Verkehrskonzept umgesetzt, das Währings Bezirksvorsteherin Silvia Nossek (Grüne) mit der zuständigen MA 46 (Verkehrsorganisation) erarbeitet hat. Konkret bedeutet das: Einbahnen im gesamten Viertel. Die betroffene Anrainer werden derzeit per Post informiert.
Nossek erläutert: „Der aktuelle Zustand ist nicht gesetzeskonform. Bei einer Straße mit Gegenverkehr müssen beide Fahrspuren frei bleiben. Im Cottageviertel sind viele Gassen zu schmal, trotzdem wird derzeit auf beiden Seiten geparkt. Recht- lich erlaubt wäre es aber nur auf einer. Damit das Parken legal wird, braucht es Einbahnstraßen.“
„Kein Im-Kreis-Fahren“
Damit die Autofahrer in den Einbahnstraßen nicht zum Rasen animiert werden – so die Befürchtung einiger Anrainer – werden die Einbahnstraßen für Radfahrer geöffnet und Ausweichbuchten sowie ein durchgehender Rechtsvorrang eingerichtet.
Kritikern, die meinen, sie müssten wegen der Einbahnen unnötig im Kreis fahren, erwidert Nossek: Das Einbahnsystem wurde so ange- legt, dass die Umwege möglichst klein gehalten werden. Man werde sich die Situation nach der Errichtung weiter anschauen und im Bedarfsfall, Einbahnen umdrehen.
Die FPÖ schlug wegen der Veränderung bereits Alarm. 200 Parkplätze würden durch den „Einbahnzirkus“wegfallen, der „den Verkehrsabfluss erschweren“wird, heißt es in einer Aussendung. Nossek beruhigt: Die Einführung der Einbahnstraßen verhindere eben ein rigoroses Kürzen von Parkplätzen. Durch die Ausweichbuchten würde es nur 20 bis 40 Plätze weniger geben.
Thomas Feiger, Architekt und Präsident des „Wiener Cottage Verein“, ist über diese Lösung zwar nicht glücklich, kann die Argumente aber nachvollziehen.
Größere Sorge bereitet Feiger jedoch die Einführung des Parkpickerls im Herbst. Denn das Cottageviertel erstreckt sich über Teile des 18. als auch des 19. Bezirks. Er befürchtet mit Stichtag 5. September ein „totales Chaos“. Auch wenn Döbling im kommenden Jänner für das Pickerl stimmt – Bis das umgesetzt wird, dauert es wohl einige Zeit. Feiger: „Und was machen wir bis dahin?“ Eine ernüchternde Bilanz zieht die Wiener Wirtschaftskammer ein Jahr nach der Eröffnung der Fußgängerzone Mariahilfer Straße. Demnach sei in vier von fünf Zählbereichen auf der Einkaufsmeile die Passantenzahl nach dem Umbau teilweise deutlich zurückgegangen.
Im oberen Bereich der Straße registrierte die Kammer im Zeitraum 2012 bis 2015 gar ein Minus von 16,4 Prozent. Bei den tatsächlichen Einkäufern bemerkte die Kammer einen Rückgang von knapp 13 Prozentpunkten – von 65,9 Prozent auf 53,2 Prozent. Die Zählung werde immer im Oktober durchgeführt, daher sei die Vergleichbarkeit vor und nach dem Umbau gegeben.
„Die Kaufleute beklagen Umsatzrückgänge, weil die zahlungskräftigen Käufer mit Auto weniger geworden sind“, sagt der Obmann der Sparte Handel, Rainer Trefelik. Überhaupt habe sich durch den Umbau das Kaufverhalten geändert: „Viele Händler mussten ihr Sortiment umstellen, da das zahlungskräftige Publikum für die hochpreisigen Waren ausbleibt.“
Damit die Mariahilfer Straße „wieder zu alter Stärke“zurückfindet, fordert die Kammer zusätzliche Querungen für den Zuliefer- und Individualverkehr und ein rasches Umsetzen von Tourismuszonen – also die Möglichkeit, auch am Sonntag einkaufen zu können.
„Bärendienst“
Im Büro von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou bezweifelt man die Aussagekraft der Wirtschaftskammer-Daten. „Um die Zahlen einordnen zu können, muss man auch die Entwicklung in den anderen Einkaufsstraßen betrachten“, sagt ein Sprecher. „Wir finden es jedenfalls bedauerlich, dass die Kammer eine Geschäftsstraße derart schlecht redet. Damit erweist sie ihrer eigenen Klientel einen Bärendienst.“