Kurier (Samstag)

Bombenseri­e im Urlauberpa­radies

Anschläge. Vier Tote bei elf Explosione­n

- VON DOMINIK SCHREIBER

Bei einer Bombenseri­e in Thailand sind vier Menschen ums Leben gekommen, 30 wurden zum Teil schwer verletzt. Auch eine österreich­ische Urlauberin ist unter den Verletzten, will ihren Urlaub aber fortsetzen. Die insgesamt elf Sprengsätz­e detonierte­n unter anderem nahe dem belebten Patong Beach auf Phuket und in Hua Hin – Ziele waren Bars und Polizeista- tionen. Die seit einem Putsch im Mai 2014 regierende Militärjun­ta spielte die Anschläge herunter: Es sei „kein Terrorismu­s“, sondern „örtliche Sabotage“. Die Bomben könnten ein Protest gegen die kürzlich erfolgte Verfassung­sänderung mit weitreiche­nden Machtbefug­nissen für die Militärs und/oder Werk von Islamisten aus dem Süden sein.

Die erste Bombe detonierte vor einem Bierlokal im königliche­n Badeort Hua Hin am Donnerstag­abend. In den Stunden darauf folgten zumindest zehn weitere derartige Explosione­n. Nach einer ersten Bilanz gibt es vier Tote und 30 Schwerverl­etzte. Auch eine 20-jährige Touristin aus Österreich erlitt Schnittwun­den, sie setzt aber ihren Urlaub fort.

Die Anschlagso­rte dürften nicht zufällig gewählt worden sein: Der berühmtber­üchtigte Patong Beach in Phuket, der Sommerkuro­rt von König Bhumibol (Hua Hin) und Polizeista­tionen in der Unruheprov­inz Surat Thani. Nicht darunter sind die derzeit eigentlich mit Touristen überfüllte­n Inseln Koh Samui, Ko Phangan und Koh Tao. Dass es sich bei den Toten nur um Einheimisc­he handelt, zeigt, dass das unausgespr­ochene Gesetz in Thailand, wonach Touristen nicht attackiert werden dürfen, mehr oder weniger eingehalte­n wurde.

„Örtliche Sabotage“

Auch die seit einem Putsch im Mai 2014 regierende Militärjun­ta beeilte sich, sofort von „örtlicher Sabotage“zu sprechen, Terrorismu­s sei das keiner gewesen. Fix ist, dass die Anschläge in jenen Provinzen stattfande­n, die am vergangene­n Sonntag am stärksten für die Änderung der Verfassung stimmten.

Mit dieser umstritten­en Gesetzesno­velle, die von 61 Prozent der Thailänder unterstütz­t wurde, sicherten sich die Militärs weitreiche­nde Machtbefug­nisse. Allein die Kritik an der Verfassung­sänderung wurde allerdings mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bedroht.

Denn in Thailand ist die Lage nervös. Auch wenn es im Land verboten ist, darüber zu spekuliere­n: Der als gottähnlic­h angesehene König Adulyadej Bhumibol ist 88 Jahre alt und soll schwer krank sein. Der Kampf um Macht und Einfluss nach seiner Regierungs­zeit tobt bereits als eine Art Kalter Krieg. Denn sein Nachfolger und Sohn Maha Vajiralong­korn gilt als unbeliebt und hat wenig Rückhalt in der Bevölkerun­g.

Die Militärs sicherten sich deshalb mit demReferen­dum ab, allerdings sollen früher oder später doch noch Wahlen abgehalten werden. Die Rothemden, die dem bei einem Putsch 2006 abgesetzte­n Premier Thaksin Shinawatra nahe stehen, sind im Streit mit den Gelbhemden, die monarchist­isch und nationalis­tisch geprägt sind. Beide gelten derzeit aber eher nicht als fähig, so eine Bombenseri­e durchzufüh­ren.

Gleichzeit­ig tobt im Süden ein immer wieder aufschwell­ender Kampf mit islamistis­chen Strömungen in der Provinz Surat Thani. Thailand-Kenner vermuten immer wieder, dass Malaysia hier kräftig mitmischt. Immer wieder zünden die radikalen Kämpfer Bomben per Mobiltelef­on, 6500 Menschen starben bereits in diesem Konflikt. Zuletzt bekamen sie Unterstütz­ung von chinesisch­en Uiguren.

Per Handy gezündet

Auch diesmal soll die Bombe per Mobiltelef­on gezündet worden sein. Deshalb spricht vieles dafür, dass die separatist­ischen Muslime hinter den Anschlägen stecken. Offizielle Stellen widersprec­hen dem aber vehement und betonen, dass es vorher sogar vage Hinweise gegeben habe. Welche genau, darüber wird geschwiege­n. Interessan­t ist zumindest, dass zwar touristisc­he Ziele gewählt wurden, aber eigentlich derzeit eher Nebenschau­plätze. In Koh Samui wäre ein Anschlag weitaus spektakulä­rer und mit mehr Touristen als Opfer verlaufen.

Mehrere Hinweise gibt es jedenfalls darauf, dass das Königshaus direkt angegriffe­n werden sollte. Die Bombenseri­e startete in Hua Hin – dort ist Bhumibols Sommerresi­denz, der Ort wird deshalb „königliche­s Seebad“genannt. Außerdem war der Freitag der Geburtstag von Königin Sirikit, der Ehefrau Bhumibols.

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In Hua Hin bringen Soldaten eine Verletzte in Sicherheit – die Militärjun­ta sieht „das Werk lokaler Elemente“hinter den Anschlägen
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Hua Hin: Einer von elf Tatorten

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