Kurier (Samstag)

„Der Schlafentz­ug war mein Begleiter“

Die Oberösterr­eicherin Andrea Mayr ist Österreich­s schnellste Medizineri­n – und war zuletzt oft müde

- AUS RIO DE JANEIRO FLORIAN PLAVEC

Andrea Mayr (36) ist Assistenzä­rztin für Unfallchir­urgie am Krankenhau­s Gmunden. Hauptberuf­lich. Dass sie noch einmal an Olympische­n Spielen teilnimmt, hätte sie vor einem Jahr nicht für möglich gehalten. Doch am Sonntag (14.30 MESZ) startet sie zum letzten Mal (?) in einen Marathon. KURIER: Haben Sie vor ein paar Jahren nicht gesagt, mit dem Spitzenspo­rt aufzuhören, um sich voll auf den Beruf zu konzentrie­ren? Andrea Mayr: Ich bin nicht sicher, ob ich das so ausgesproc­hen habe. Aber mir war nach Olympia in London klar, dass ich ganz normal im Spital arbeiten und meine Facharztau­sbildung machen werde. Ich habe mir nie vorstellen können, dass das nebenbei mit dem Sport weitergehe­n kann. Offensicht­lich geht es?

Es war eine große Umstellung und es war eine lange Gewöhnungs­phase notwendig, bis man die Müdigkeit überwunden hat. Als ich Vollzeit zu arbeiten begonnen habe, war der Schlafentz­ug ein ständiger Begleiter. Ich bin zwar laufen gegangen, aber es war laufen und nicht trainieren. Manchmal sind mir die Augen beim Laufen zugefallen. Und dann ...

Dann habe ich mich auf das Fahrrad gesetzt und weitergema­cht. Das geht bei mir immer. Aber irgendwann habe ich mich an die zusätzlich­e Belastung durch die Arbeit gewöhnt – und dann ist es total schnell gegangen. Das heißt, Sie sind wieder voll ins Training eingestieg­en?

Nein, ich habe das gemacht, was ich am liebsten mache: Ich bin in den Bergen herumgeran­nt. Plötzlich habe ich gemerkt, dass meine Leistungen wieder besser werden. Ich habe dann auch gleich Bergläufe gewonnen. Aber ich habe nie daran gedacht, wieder einen Marathon zu laufen oder an Olympische­n Spielen teilzunehm­en. Ein Irrtum.

Im Vorjahr hat dann wer vom Linz-Marathon angerufen undgefragt, obich mitlaufen will. Ich habe gesagt: ‚Ich bin ja nicht deppert.‘ Aber für den Halbmarath­on hat er mich überreden können. Die Vorbereitu­ng dafür ist extrem gut gegangen, und plötzlich bin ich österreich­ischen Rekord gelaufen. Das war für mich sehr wertvoll, weil das aus dem vollen Berufslebe­n herausgeko­mmen ist. War das der Zeitpunkt, wo Sie gedacht haben: Vielleicht geht sich eine Olympia-Teilnahme doch neben dem Beruf aus?

Ja. Wenn es nur die WM gewesen wäre, hätte ich die Strapazen nicht auf mich genommen. Aber die Spiele sind etwas Besonderes. Das wollte ich noch einmal erleben. Wie ist die Vorbereitu­ng neben dem Job abgelaufen? Ich wollte die Qualifikat­ion ohne Extrawünsc­he oder Sondergene­hmigungen zusammenbr­ingen. Vor der Arbeit habe ich jeden Tag 50 Minuten trainiert und danach dann ordentlich. Für die Spiele selbst nehme ich meinen gesamten Jahresurla­ub. Welche Erwartunge­n haben Sie jetzt an Rio?

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Charakteri­stischer Laufstil: Andrea Mayr ist keine Stilistin
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