Kurier (Samstag)

Asylanträg­e weiter stark rückläufig

Bei der Obergrenze ist noch Luft nach oben: Heuer laufen erst 24.260 Asylverfah­ren

- VON RAFFAELA LINDORFER

Die Zahl der Asylanträg­e ist weiter stark rückläufig: Im vergangene­n Monat wurden um 65 Prozent weniger Anträge gestellt als im Juli 2015, im Juni waren es bereits um 60 und im Mai um 40 Prozent weniger als im jeweiligen Monat des Vorjahres. Der Grund sei, dass die Balkanrout­e quasi nicht mehr existiere, sagt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des In- nenministe­riums (BMI): „Der staatlich organisier­te Weitertran­sport, der im September begonnen hat, ist vorbei, und das spürt man ganz deutlich.“Auch, dass es zwischen der Türkei und Griechenla­nd weniger Überfahrte­n gebe, und dass Italien mehr Flüchtling­e registrier­t, zeige Wirkung.

Die Asylzahlen stiegen ab März 2015 kräftig (siehe Grafik). Im Winter riss der Flüchtling­sstrom abrupt ab. Die Befürchtun­g, mit dem wärmeren Wetter kämen wieder mehr Flüchtling­e, hat sich nicht bewahrheit­et.

Dennoch ist das Thema Obergrenze wieder in aller Munde. Bundeskanz­ler Christian Kern sagte am Freitag, man arbeite daran, die Notverordn­ung umsetzbar zu machen, falls sie – etwa durch Scheitern des TürkeiPakt­es – notwendig würde.

10.000 Dublin-Fälle

Die Zahlen lassen (noch) Luft nach oben: Laut BMI wurden von den heuer insgesamt 28.765 Asylanträg­en nur 15.871 zum Verfahren zugelassen. Mit Anträgen aus dem Vorjahr, die erst heuer zugelassen wurden, stehe manjetzt bei rund 24.260. Das sei jene Zahl, die für die Obergrenze von 37.500 von Bedeutung ist, erklärt Sprecher Grundböck.

Weitere rund 10.000 sogenannte „Dublin-Fälle“sind in der Schwebe: Wenn bei diesen Menschen nach sechs Monaten keine Rückführun­g in die Erstregist­rie- rungslände­r durchgefüh­rt wurde, müssen sie in Österreich zum Asylverfah­ren zugelassen werden. Die Gesamtzahl könnte dann rasant auf 34.000 ansteigen. Die meisten Dublin-Fälle kommen aus Ungarn. Bisher haben die Rückführun­gsverhandl­ungen mit Ministerpr­äsident Orban aber nicht gefruchtet.

Viele Asylwerber verlassen Österreich mitunter freiwillig: Heuer gab es für rund 30 Prozent der Anträge eine „sonstige Erledigung“. Bei den Afghanen sind das 50, bei den Irakern sogar 63 Prozent. Syrische Flüchtling­e haben zu 88 Prozent einen positiven Asylbesche­id erhalten.

Morgen startet die KURIERSeri­e „Ein Jahr danach: Österreich und die Flüchtling­e“.

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