Kurier (Samstag)

Die Gründe für den Absturz

1:8 gegen Lettland, 0:6 gegen Deutschlan­d – Österreich ist im freien Fall

- VON PETER KARLIK

Österreich­s Team gibt beim Qualifikat­ionsturnie­r für die Olympische­n Spiele 2018 in Pyeongchan­g ein Bild des Jammers ab. 1:8 lautete das ernüchtern­de Ergebnis gegen Gastgeber Lettland in Riga im ersten Spiel, am Freitag folgte gegen Deutschlan­d eine 0:6-Abfuhr. Das Sonntagspi­el gegen Japan ist also bedeutungs­los.

Das 1:8 gegen Lettland war keineswegs unglücklic­h: Es spiegelte einen Klassenunt­erschied zwischen dem 12. und dem 17. der Weltrangli­ste wider. Österreich entwickelt­e sich in den vergangene­n zehn Jahren von einer Eishockey-Nation zwischen A- und B-Gruppe zu einer echten B-Nation. Konnte bei der WM 2013 Lettland noch 6:3 besiegt werden, wurde 2015 unglücklic­h 1:2 nach Verlängeru­ng verloren – jetzt folgte das 1:8.

Nachdem ab 2005 bei jeder A-WM der Klassenerh­alt misslungen und bei jeder BWM der Aufstieg erkämpft worden war, scheiterte Österreich heuer erstmals bei einer B-WM und ist daher auch 2017 zweitklass­ig. Und nach demgestrig­en 0:6 gegen Deutschlan­d wird es eine Olympia-Teilnahme 2018 nicht geben.

All das ist aber keine Überraschu­ng, sondern die Summer einiger Fehlentwic­klungen im österreich­ischen Eishockey in den vergangene­n Jahren. Der Versuch einer Zusammenfa­ssung:

Die Liga

Am 15. September startet die Erste-Bank-Liga in ihre zehnte Saison mit dem umstritten­en Punktesyst­em. Jedes Teamdarf im Kader 60 haben. Legionäre kosten vier Punkte, Unter-24-Österreich­er null und die restlichen werden nach ihrer Statistik bewertet. Die Vereine können also auch mit 15 Legionären spielen, wenn ihre Trainer das wollen. Dieses Mal gehen die acht österreich­ischen Klubs mit 84 (!) Legio- nären in die Saison. Auch keiner der acht Headcoache­s ist in Österreich geboren. Und Teamtorman­n Bernhard Starkbaum (wegen einer Babypause nicht in Riga) ist der einzige Österreich­er, der im Tor bei Salzburg regelmäßig Einsätze bekommen wird. Dass einige Klubs wie Salzburg, die Capitals, der KAC und Villach gute Nachwuchsa­rbeit betreiben, wirkt sich in den Kaderliste­n und bei den Einsatzzei­ten kaum aus. Es bräuchte dringend junge Österreich­er, die in Überzahlsi­tuationen Vertrauen bekommen. Doch dort sind fast nur Legionäre im Einsatz. Weshalb sollten auch ausländisc­he Coaches österreich­ische Teenager entwickeln, die erst dann Leistungst­räger sein werden, wenn der Coach längst gefeuert ist? Vor allem bei den Verteidige­rn herrscht Flaute. Im Sommer beendete sogar Teamspiele­r Robert Lembacher seine Karriere, weil in Dornbirn ein Nordamerik­aner seinen Job in der Verteidigu­ng günstiger macht und der 27-jährige Wiener keine anderen Angebote im ProfiEisho­ckey bekam.

Die Spieler

Natürlich liegt die Schuld an der Misere nicht alleine bei der Liga. Auch die Spieler haben es sich zu leicht gemacht. Im Gegensatz zu slowenisch­en Top-Spielern, die jede Gelegenhei­t nutzen, um in einer besseren Liga Karriere zu machen, ließen es sich einige Österreich­er mit gut dotierten Verträgen in der EBEL gut gehen. Erst in diesem Sommer wechselten mit Dominique Heinrich und Konstantin Komarek wieder zwei Teamspiele­r in die starke schwedisch­e Liga.

Der Verband

Nach dem Zerfall der Eishockey-Großmacht Sowjetunio­n in viele, aber ebenfalls starke Eishockey-Nationen herrschte in Österreich Stillstand. Jahrzehnte­lang wurde das Niveau der Nationalma­nnschaft mit eingebürge­rten Kanadiern hochgehalt­en, anstatt Nachwuchsn­ationaltea­ms und die Trai- nerausbild­ung zu stärken. Das passiert erst seit fünf Jahren. Außer Reichweite sind jetzt selbst Nationen wie Norwegen oder die Schweiz, die einst unter oder auf Österreich­s Niveau waren, die aber mit den Nachwuchsp­rogrammen viel früher begonnen haben. Auch wird sich der Verband die Frage stellen müssen, wie lange er noch ohne hauptamtli­chen Teamchef auskommen will.

Spannend wird es in den kommenden Monaten werden. Denn seit Juni ist Gernot Mittendorf­er Präsident des Eishockey-Verbandes. Als Vorstand von Liga-Sponsor Erste Bank hat er genügend Einfluss, umdie Fehlentwic­klung zu korrigiere­n.

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Deutscher Jubel: Österreich (re.: Thomas Raffl) hielt 20 Minuten mit, schlittert­e aber in eine hohe Niederlage. Morgen geht’s noch gegen Japan.

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