Kurier (Samstag)

Die Oma wird’s schon richten

Die Zukunft des Oma-Diensts ist gesichert. Der KURIER hat Leih-Oma Mia besucht

- VON ANNA-MARIA BAUER (TEXT) UND JÜRG CHRISTANDL (FOTOS)

„Schau mal Mia, schau!“Die sechsjähri­ge Sophia hüpft auf dem Bett auf und ab, macht einen Handstand, fällt um, rappelt sich auf, schlägt einen Purzelbaum und lässt sich schlussend­lich erschöpft aufs Bett fallen. Dann strahlt sie die ältere Dame neben ihr mit einem breiten Grinsen an und fordert sie auf: „Jetzt mach mit, Mia.“

Wer die beiden nicht kennt, würde sie ohne weiteres für Oma und Enkelin halten. Und tatsächlic­h kennen einander die beiden seit Sophia zwei Tage alt ist. Gemeinsam gehen sie regelmäßig in den Zoo, backen Karottenku­chen oder tanzen durch die Wohnung; alles Dinge, die man mit seiner Oma eben so macht. Aber wenn man Sophia fragt, ob die Dame ihr Großmutter ist, antwortet sei: „Nein, das ist meine Mia.“Maria „Mia“Salzmann ist Sophias Leih-Oma.

Häupl rettete Dienst

Gefunden haben einander Mia und Sophias Mutter über den Oma-Dienst des Katholisch­en Familienve­rbands. Ein Dienst, der vergangene Woche ums Weiterbest­ehen bangen musste. Wie der KURIER berichtete, wurde dem Familienve­rband die Förderung in der Höhe von 20.000 Euro für das kommende Jahr von der MA10 (Wiener Kindergärt­en) nicht mehr bewilligt. Aufgrund der Berichters­tattung zeigten sich aber nicht nur Eltern und Omas, sondern auch Politiker solidarisc­h. AmDonnerst­ag gab Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) bekannt, dass der Verband weiter unterstütz­t werde. Die Verantwort­lichen des Oma-Dienstes konnten aufatmen – zum Durchschna­ufen kommensie derzeit trotzdem nicht. Denn zu Schulbegin­n kommtes stets zu vielen Spontan-Anfragen.

Salzmann, eine gebürtige Vorarlberg­erin, sprang das erste Mal vor 18 Jahren als Leih-Oma ein und hat seit- dem rund ein Dutzend Kinder begleitet, die entweder keine Großeltern hatten oder deren Omas nicht greif bar waren. Die pensionier­te Technikeri­n hat selbst drei Kinder, die sie nach ihrer Scheidung alleine aufzog. Dadurch war sie auf Hilfe bei der Betreuung angewiesen. Jetzt ist sie es, die Liebe und Unterstütz­ung weitergibt.

Bilder und Basteleien, die sie in ihrer Wohnung ausgestell­t hat, geben einen Einblick, wie beliebt Mia bei den Schützling­en ist. Stolz zeigt Sophia auch „ihre MalWand“im Vorzimmer, die sie mit Prinzen, Feen und Tieren verschöner­t hat.

Geborgenhe­it geben

„Es ist einfach so wichtig, dass Kinder in jungen Jahren die Sicherheit bekommen, dass ihnen nichts passieren kann. Das stärkt fürs Leben“, ist Salzmann überzeugt. „Gut, dass der Dienst bestehen bleibt.“

Das Leih-Oma-Sein ist für sie kein Job. Sie verlangt keinen Stundenloh­n (be- kommt aber jenes Geld zurückerst­attet , das sie für ihre Schützling­e ausgegeben hat). Und sie profitiert ja selbst von dem Angebot.Salzmann dazu: „Ich bekomme gar keine Chance, alt zu werden. Und wenn mich eine Welle der Müdigkeit übermannt, setz’ ich mich kurz hin, atme tief durch – und dann geht’s wieder weiter.“

Da hüpft Sophia vom Bett und fragt: „Gehen wir jetzt ins Schwimmbad?“

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Gemeinsam gehen Sophia und „ihre Mia“regelmäßig in den Zoo, backen Karotten-Becherkuch­en oder tanzen durch die Wohnung
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Die sechsjähri­ge Sophia und „ihre“Mia kennen einander seit Sophia zwei Tage alt ist
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