Oper konzertant, so wie sie öfter sein sollte
Kritik.
Ein überwältigter Aufschrei entfährt Judith, als sie nach Aufreißen der fünften Türe auf die weite Landschaft schaut, die man gleichzeitig bis zum Horizont vom Sonnenglanz durchflutet mit wuchtigen D-Dur-Dreiklängen im vollem Orchester vor dem inneren Auge förmlich sehen kann: Ein ungemein beeindruckender Moment von Béla Bartóks einziger Oper „Herzog Blaubarts Burg“.
Vor allem dann, wenn sie in konzertanter Form so umgesetzt wird wie beim Grafenegg Festival. Das Niederösterreichische Tonkünstlerorchester unter seinem ehemaligen Chef Andrés Orozco- Estrada musiziert sie reich an Farben und Details. Die opulent ersonnene Tonsprache wie auch den Weg aus der Nacht zum Licht und in die Dunkelheit retour wird packend wiedergeben.
Herzog Blaubart wird von Gábor Bretz wunderbar samtig und kraftvoll gesungen. Michelle DeYoung singt die Judith mit fallweise zu viel Vibrato, immer reich an Ausdruck. Und der Einsatz des großen Thomas Quasthoff, der mit seiner sonoren Stimme den anfänglichen Erzähler gibt, ist reiner Luxus.
Danach pocht überhaupt „das Schicksal an die Pforte“. Deswegen wurde dem Stück der Beiname „Schicksalssinfonie“verliehen. Die zu den populärsten Werken Ludwig van Beethovens zählende „Fünfte“mit seinem aufgeladenen Kopfsatz wird vor allem in diesem, mit zugespitzten Tempi und abgesehen von wenigen Präzisionsmängeln und dass man sich fallweise strahlendere Streicher gewünscht hätte, farbig und fesselnd wiedergegeben. PULS 4