Kurier (Samstag)

Oper konzertant, so wie sie öfter sein sollte

Kritik.

- – HELMUT CHRISTIAN MAYER

Ein überwältig­ter Aufschrei entfährt Judith, als sie nach Aufreißen der fünften Türe auf die weite Landschaft schaut, die man gleichzeit­ig bis zum Horizont vom Sonnenglan­z durchflute­t mit wuchtigen D-Dur-Dreiklänge­n im vollem Orchester vor dem inneren Auge förmlich sehen kann: Ein ungemein beeindruck­ender Moment von Béla Bartóks einziger Oper „Herzog Blaubarts Burg“.

Vor allem dann, wenn sie in konzertant­er Form so umgesetzt wird wie beim Grafenegg Festival. Das Niederöste­rreichisch­e Tonkünstle­rorchester unter seinem ehemaligen Chef Andrés Orozco- Estrada musiziert sie reich an Farben und Details. Die opulent ersonnene Tonsprache wie auch den Weg aus der Nacht zum Licht und in die Dunkelheit retour wird packend wiedergebe­n.

Herzog Blaubart wird von Gábor Bretz wunderbar samtig und kraftvoll gesungen. Michelle DeYoung singt die Judith mit fallweise zu viel Vibrato, immer reich an Ausdruck. Und der Einsatz des großen Thomas Quasthoff, der mit seiner sonoren Stimme den anfänglich­en Erzähler gibt, ist reiner Luxus.

Danach pocht überhaupt „das Schicksal an die Pforte“. Deswegen wurde dem Stück der Beiname „Schicksals­sinfonie“verliehen. Die zu den populärste­n Werken Ludwig van Beethovens zählende „Fünfte“mit seinem aufgeladen­en Kopfsatz wird vor allem in diesem, mit zugespitzt­en Tempi und abgesehen von wenigen Präzisions­mängeln und dass man sich fallweise strahlende­re Streicher gewünscht hätte, farbig und fesselnd wiedergege­ben. PULS 4

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