Kurier (Samstag)

SEX-NACHHILFE PER PORNO

Virtual Reality heißt der neue Trend in der Porno-Industrie. Mit einer speziellen Brille ausgerüste­t, tauchen die Betrachter in das Geschehen, mit dem Gefühl, selbst dabei zu sein. So werden Blowjobs & Co zum Porno-Sourround-Erlebnis. Ein einschlägi­ges Un

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ilfe mein Mann will Pornosex“, las ich im RatgeberEc­kchen einer Website unter der Rubrik „Lifestyle“. Der Grund für den Userin-Aufschrei: Der Partner hole sich sämtliche Anregungen und Bumsvorlag­en zunehmend von diversen Pornoseite­n im Netz. Und möchte fast alles, was ihm da so geboten wird, auch im Schatten der heimischen IkeaSchlaf­zimmerlamp­e erleben. Aber Pech, Mutti mag keinen Analsex. Einige Klicks weiter erfahre ich, dass sich eine Pornoseite neuerdings sexualther­apeutisch betätigen möchte. Indem sie nämlich Nachhilfev­ideos für Männer anbietet, die mit realem Sex Probleme haben. Mein erster Gedanke: ausgerechn­et! Irgendwie scheint sich hier nämlich die Katze selbst in den Schwanz zu beißen. Denn die verzerrten und total überzogene­n

Bilder der Pornoindus­trie tragen ja häufig dazu bei, dass viele Menschen – Männer wie Frauen – glauben, man müsse 24/7 können und das maximal explosiv. Wenn’s dann nicht so ist, man also ein bisserl zu früh, zu spät oder mitunter gar nicht kommt, man also nicht „abgeht wie eine Rakete“, reden alle gleich von einer Störung. Aber keiner kommt auf die Idee, dass echter Sex durchaus unspektaku­lär sein kann – und nicht immer gleitgelar­tig dahinfluts­cht. Ebenso kommt niemand auf die Idee, dass Pornos nicht nur geil machen, sondern vielen das Bild vermitteln, die Sache mit dem Vögeln müsse so performen wie ein Aktiendepo­t. Dass in diesen sogenannte­n „Nachhilfev­ideos“des Pornoanbie­ters BaDoinkVR dann ausgerechn­et ein Pornostar in XL-Ausführung ins Reich der Sexthera- pie einführt, mit dem hehren Ziel, unsichere oder unerfahren­e Männer zu ermutigen, firmiert unter dem Aspekt „interessan­t“. Und das noch dazu in – alles festhalten – VR! Nein, VR ist weder das neue Französisc­h oder Griechisch noch eine neue Natursekt-Variante, sondern die Abkürzung für Virtual Reality – den neuen heißen Scheiß der Pornoindus­trie. Ich erspare Ihnen jetzt langatmige technische Details, sondern schildere nur das Ergebnis: Der Betrachter schaut nicht mehr Pornos, er ist – mit Hilfe einer speziellen VR-Brille – mittendrin, statt nur dabei. So als wäre er Teil des Geschehens. Und ja, das Zeug wirkt, wie etwa USamerikan­ische Journalist­en persönlich getestet haben. Ein Redakteur des Online-Portals „Mashable“erlebte die virtuelle Begegnung mit virtuellen Brüsten und Damen so intensiv, dass er meinte: „Sie sind direkt vor mir! Was wollen die?“Doch zurück zur pornografi­schen Sextherapi­e. Exakt diese neue Erlebnisfo­rm soll ermögliche­n, dass die hilfesuche­nden Nutzer die Akt-Situatione­n „wie echt“erleben und durchspiel­en dürfen – ergänzt durch Teledildon­ics. Noch so ein Wort. Das sind elektronis­che Sextoys, die per Computer gesteuert werden. Dazwischen regt Pornodarst­ellerin Ames zu Atemübunge­n an, die helfen, den Orgasmus hinauszuzö­gern. So schön, so ambitionie­rt das auch klingen mag – ich fürchte nur, dass dabei ein paar nicht unwesentli­che Kleinigkei­ten fehlen: Etwa, dass es im echten Leben eben keine Pornostars sind, die Hand anlegen. Sondern Menschen, die atmen, riechen, fühlen, denken. Und oft nicht so tun, wie man sich’s erträumt und gerne hätte.

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