Kurier (Samstag)

Peinliche Klebepanne: Wahl erst im Jahr 2017?

Wahl-Verschiebu­ng. Der 3. Anlauf zur Präsidente­n-Kür könnte auf Dezember oder Jänner verlegt werden. Die Regierung will bei Behebung der Pannenseri­e total auf Nummer sicher gehen.

- KURIER.AT/WAHL VON C. BÖHMER UND B. GAUL

Wird am 2. Oktober gewählt? Eher unwahrsche­inlich. Wird noch heuer gewählt? Wer weiß das schon.

Seit Freitag scheint es durchaus wahrschein­lich, dass die Stichwahl zum Bundespräs­identen erst im Jahr 2017 stattfinde­t? Warum? Das liegt daran, dass die Bun- desregieru­ng derzeit heftig überlegt, die Stichwahl präventiv zu verschiebe­n. Grund sind die schadhafte­n Briefwahl-Kuverts, die zuletzt für Verunsiche­rung bei vielen Bürgern sorgten.

Was ist da los? Wie geht’s weiter? Der KURIER beantworte­t die wesentlich­sten Fragen.

Warum wird überhaupt überlegt, die HofburgWah­l zu verschiebe­n?

Bei vielen amtlichen Kuverts für die Briefwahl gehen die verschloss­enen Umschläge (Fachjargon: Taschen) an einigen Stellen auf. Ein Produktion­sfehler der Leimspur soll die Ursache sein (siehe Be

richt rechts). Sobald das ausgefüllt­e und unterschri­ebene Kuvert aber offen ist, ist die enthaltene Stimme ungültig. Da es nicht sein kann, dass Wähler ohne eigenes Verschulde­n von einer Wahl ausgeschlo­ssen werden, wird nun eine Verschiebu­ng der Wahl überlegt.

Wer überlegt, die Wahl zu verschiebe­n?

Innenminis­ter Wolfgang Sobotka ist am Zug. Er lässt seit Tagen prüfen, wie groß das Problem ist und welche Lösungen möglich sind. Eine Wahlversch­iebung hätte enorme juristisch­e Konsequenz­en, müsste politisch al- so von Bundesregi­erung und Koalitions­parteien mitgetrage­n werden. Die Entscheidu­ng soll am Montag bekannt gegeben werden. Überlegt wird, eine neue Wählerevid­enz (Liste der Wahl

berechtigt­en) zu erstellen, damit jene, die inzwischen 16 Jahre alt geworden sind, wählen dürfen. Es kann auch sein, dass das länger dauert – und die Wahlwieder­holung erst 2017 passiert.

Fehlerhaft­e Kuverts gibt es offenbar auch bei der Wiederholu­ng der Bezirksver- tretungswa­hl in Wien-Leopoldsta­dt. Dort können schadhafte Wahlkarten umgetausch­t werden – auch solche, die unterschri­eben wurden. Warum geht das bei Hofburg-Wahl nicht?

Bei der Wiener Wahlwieder­holung gibt es nur 70.000 Wahlberech­tigte, bei der Bundespräs­identenwah­l sind es 6,3 Millionen. Nach rechtliche­r Abklärung mit Verfassung­sjuristen darf das Wiener Magistrat alle nicht ausreichen­d verklebten Wahlkarten tauschen, weil es die Wiener Wahlordnun­g erlaubt. Dies gilt auch für bereits unterschri­ebene Wahlkarten. Bei der HofburgWah­l ist das nicht der Fall.

Kann man eine Bundeswahl einfach verschiebe­n?

Einfach nicht, möglich ist es aber. Das Präsidium des Nationalra­ts hat sich am Freitag für eine mögliche Verschiebu­ng der Bundespräs­i-

Wahl vorbereite­t. Sollten dahingehen­de gesetzlich­e Grundlagen nötig sein, werden diese bei der Sondersitz­ung am kommenden Dienstag eingeleite­t. Ein Gesetzesbe­schluss wäre bereits bei der nächsten Nationalra­tssitzung eine Woche später, am 21. September, möglich. Der genaue Wahltermin kann dann durch eine einfache Verordnung festgelegt werden.

Wann könnte die Wahl wiederholt werden?

Die Gesetzesän­derungen könnten bis 21. September gültig werden, frühestens fünf Wochen später würde dann gewählt – was eine Wahl ab Anfang November wahrschein­lich macht. Sollte eine neue Wählerevid­enz erstellt werden, wird eine Wiederholu­ng der Wahl erst im Dezember oder Jänner immer wahrschein­licher.

Was passiert mit den bereits abgeschick­ten Briefwahls­timmen?

Diese werden vernichtet.

Was kostet die Verschiebu­ng – und wer zahlt das?

Das Innenminis­terium beziffert die Kosten für die Wiederholu­ng des 2. Wahlgangs auf 2,2 Millionen Euro für Drucksorte­n, Portokoste­n etc. Wahrschein­lich sind Regressfor­derungen gegenüber der Druckerei (siehe rechts).

Welche Auswirkung­en hätte eine Wahlversch­iebung für die beiden Kandidaten?

Strategisc­h ist die Ausgangsla­ge für die FPÖ leicht besser. Sie könnte die neuerliche Verschiebu­ng als Beleg für das „Versagen des Systems“werten. Und zu eben diesem gehören aus Sicht der Blauen SPÖ, ÖVP – und der von den Grünen unterstütz­te Alexander Van der Bellen.

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„Bitte warten“könnte es für die HofburgKan­didaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen heißen, sollte die Wahl verschoben werden. Ob dies wirklich passiert, prüfen Innenminis­ter Sobotka und Wahlleiter Stein

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