Kurier (Samstag)

Besser mit Verstärkun­g

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Am Abend des Tages, an dem ich die Kolumne über Mansplaini­ng schrieb, übers Herrklären und Kerligiere­n, hatte ich eine Lesung. Ich las aus meinem mittlerwei­le zehnten Buch (das elfte ist schon fertig und erscheint im Frühjahr bei Rowohlt). Bei der Lesung war ein mitteljung­er Herr anwesend, der danach an mich herantrat und freundlich meinte, das wäre schön gewesen. Der eine Text über Dings habe ihn besonders angesproch­en. Er schreibe selbst ein wenig, habe zwar noch nie etwas veröffentl­icht, zufällig aber kürzlich auch über Dings geschriebe­n. Ah, okay, schön. Und, wenn er das sagen dürfe, er sei der Meinung, sein Text über Dings sei ein wesentlich gelungener als meiner, nichts für ungut. Er sei gern bereit, sich einmal mit mir zusammenzu­setzen, um mir zu erklären, warum. (Oder auch: herrklären.) Oh, vielen Dank.

Aber ich las diese Woche, auch im KURIER, auch über das Gegenteil von Mansplaini­ng. Nämlich über die Strategie der Frauen im Weißen Haus, dafür zu sorgen, dass ihre und die Meinung der anderen weiblichen Stab-Mitglieder gehört werden. Sie nennen die Methode „Amplificat­ion“, also „Verstärkun­g“, was gut passt: Wenn eine Frau eine Idee formuliert hat, wird die Idee von einer anderen Frau wiederholt, unter ausdrückli­cher Nennung der Frau, die die Idee zuerst hatte. Das verstärkt erstens die Idee, zweitens ist es Verstärkun­g für die Frau, die die Idee hatte und verhindert, dass sie sich von jemand anderem, nicht selten einem Mann, angeeignet wird. Offenbar hat es im Weißen Haus funktionie­rt: Obama soll es bemerkt haben, mittlerwei­le haben mehr Frauen wichtige Funktionen in seinem Stab inne.

Man muss aber nicht unbedingt für Obama arbeiten, um diese Methode anwenden zu können. Das funktionie­rt auch überall anders, besonders gut auch in den sozialen Medien. Eine Frau hat dort etwas Spannendes formuliert, etwas Interessan­tes geteilt, eine gute Idee gehabt? Teilen, retweeten: Mit dem Hinweis auf die Frau, von der man das übernommen hat. Verstärkun­g bekommen: immer gut.

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