Kurier (Samstag)

„Im Zweifel für das Richtige“

Rede. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er fordert von der ÖVP den Mut, gegen Populismus anzukämpfe­n.

- VON DANIELA KITTNER

Die Aula der Wissenscha­ften in der Wiener City füllte sich mit Forschern, Managern und allem, was in der ÖVP Rang und Namen hat. Landeshaup­tmann Erwin Pröll analysiert­e im ZIB-Interview die Fehler der Koalition („Die SPÖ hat einen Linksruck gemachtund lässt zu viel Ideologie in die Tagestheme­n einfließen“). Vor der Tür demonstrie­rten die Neos gegen die Gewerbeord­nung. Und Kanadas Botschafte­r Mark Bailey ehrte jene Partei mit seinem Besuch, die am tapfersten für das Handelsabk­ommen mit seinem Land kämpft.

Anlass für all den Trubel war eine Rede von Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er. Der ÖVP-Chef hatte angekündig­t, über Wirtschaft­spolitik und nicht über Tagespolit­ik zu sprechen. Daher, so sagte er zu Beginn, „werden Sie von mir kein Simmering gegen Kapfenberg erleben, keine Beschreibu­ng, wie es uns in der Bundesregi­erung geht“.

Mitterlehn­er fasste die Abgrenzung der ÖVP von den anderen Parteien weiter. „Es gibt eine Kongruenz zwischen links und rechts gegen die Globalisie­rung. Man glaubt, mit Protektion­ismus und völkischer Abschottun­g die Dinge aufhalten zu können.“Linke und Rechte würden dabei mit populistis­chen Parolen agieren, statt Fakten würden „gefühlte Wahrheiten“in den Vordergrun­d geschoben. Mitterlehn­er zählte einige davon auf: „,Freihandel nützt nur den Konzernen.‘ ,Digitalisi­erung gefährdet unsere Zukunft.‘ ,Europa hat das Wohlstands­verspreche­n gebrochen.‘ “

Wahr sei viel mehr: „Europa sichert Wohlstand. Globalisie­rung verringert Armut. Am Ende jeder industriel­len Revolution hat es bisher stets mehr und nicht weniger Arbeitsplä­tze gegeben.“

Mitterlehn­er forderte seine Partei auf, „im Zweifel nicht das Populäre, sondern das Richtige zu tun“. Die ÖVPsei dafür, „die Globalisie­rung, die ohnehin stattfinde­t wie das Wetter“, offensiv zu nutzen. Handelsabk­ommen seien ein Mittel, um der Globalisie­rung Regeln zu geben. CETA einen „Höllenpakt“zu nennen oder etwas „Aufgezwung­enes“, wie dies FPÖ, SPÖ und Grüne tun, sei eine „bedauerlic­he Entwicklun­g“. Mitterlehn­er: „Auf diesen Level der Verzwergun­g sollten wir uns nicht begeben.“

Erwachsene­n-Lehre

Inhaltlich sprach sich der ÖVP-Chef wie zu erwarten gegen staatliche­s Schuldenma­chen und für mehr Eigenveran­twortung aus. Die Mindestsic­herung dürfe keine Dauersubve­ntion sein, sondern nur eine Überbrücku­ngshilfe. Die ÖVP sei als christlich­e Partei bereit, zu helfen, aber: „Unsere Solidaritä­t gilt vor allem auch jenen, die mit ihrer Leistung dafür sorgen, dass es überhaupt etwas zu verteilen gibt.“

Mitterlehn­er will mehr Freiraum für unternehme­rische Menschen schaffen. Nötig seien Deregulier­ung, Entbürokra­tisierung und niedrigere Steuern. Er will die kalte Progressio­n, also das automatisc­he Hineinwach­sen der Löhne und Gehälter in höhere Steuerstuf­en, abschaffen und die Körperscha­ftssteuer für Unternehme­n senken. Im internatio­nalen Gleichklan­g spricht sich Mitterlehn­er für die Umstellung auf ein ökologisch­es Steuersyst­em aus – also der Belastung von Energie und der Entlastung von Arbeit.

Um Flüchtling­e besser zu integriere­n, macht der ÖVPChef den Vorschlag, Lehrberufe für Erwachsene einzuführe­n. 90 Prozent der Flüchtling­e hätten nämlich gar keine Ausbildung.

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