Verloren im Echoraum
Experte. Medienkonsum muss gelehrt werden
Den wichtigsten Grundsatz im Umgang mit Nachrichten sieht Kommunikationswissenschaftler Matthias Karmasin schon in der Antike grundgelegt. „Audiatur et altera pars – man möge auch den anderen Standpunkt anhören.“Das sei eine der wesentlichsten Errungenschaften des zivilisierten Denkens – und gleichzeitig das größte Problem der „Filterblase“in den sozialen Netzwerken. „Im Echoraum der Algorithmen bekommt man abweichende Meinungen einfach nicht mehr vorgeschlagen.“
Man müsse als Leser also darauf achten, dass Facebook nicht die einzige Nachrichtenquelle bleibt. „Ansonsten wird es problematisch.“Dieser bewusste Konsum müsse, sagt Karmasin, verstärkt auch in der Schule gelehrt werden. Nur so könne man lernen, eine Information, die einem Faktencheck standhält, von reinen Erfindungen, Verschwörungstheorien oder Behauptungen zu unterscheiden. Das sei viel wichtiger als neue Regulative für Facebook, Twitter und Google einzuführen. Zumal sie rechtlich ohnehin schwer umzusetzen seien.
Man dürfe aber auch nicht den positiven Einfluss der sozialen Medien vergessen. „Sie spielen eine große Rolle in der Organisation der Zivilgesellschaft“, sagt Karmasin. „Das hat man etwa zu Beginn der Flüchtlingskrise gesehen, wo sich viele Helfer über Twitter ausgetauscht haben.“