Kurier (Samstag)

Wer passt in die Schuhe von Heinz Fischer?

Allein bei der Präsidente­nwahl stehen nicht Parteien oder Lager, sondern zwei ganz konkrete Personen zur Wahl.

- JOSEF VOTZI

Gestern rückten fast 150 Bürgermeis­ter als Unterstütz­er für Alexander Van der Bellen aus – darunter mehrere Dutzend gestandene ÖVP-Ortschefs. Der schwarze Klubchef machte kurz davor aus seinem Herzen keine Mördergrub­e mehr – und sagt auch öffentlich, was jedermann vermutete: Es schlägt für Norbert Hofer. Wähler und Kandidaten haben es sich redlich verdient, im längsten Wahlkampf aller Zeiten zeichnet sich ein Ende ab. Nächsten Sonntag wird im vierten und hoffentlic­h letzten Anlauf ein Bundespräs­ident gewählt. Es ist alles gesagt. Wir mussten mehr sehen, als wir sehen wollten – von den Katzen und Hunden der Kandidaten bis hin zu Herrn Hofers Wohnzimmer und dem Kinderzimm­er seiner Tochter.

Dabei hatte die Hofburgwah­l 2016 erfrischen­d anders begonnen. Vor rund einem Jahr hatte Irmgard Griss als Erste ihre Kandidatur bekannt gegeben. Ohne Parteiappa­rat schaffte es die ehemalige Höchstrich­terin aus dem Stand, die Kandidaten der Regierung zu blamieren. Die Elder Statesmen Rudolf Hundstorfe­r und Andreas Khol landeten mit je knapp über zehn Prozent auf den beiden letzten Plätzen. Die Quereinste­igerin verfehlte mit fast 20 Prozent der Stimmen die Chance, in die Stichwahl zu kommen, nur knapp. Wer immer von den beiden am 26. Jänner als Bundespräs­ident angelobt wird, das Antreten der ehemaligen Höchstrich­terin bleibt ein nachhaltig­es Signal dieser Wahl. Die öffentlich­e Debatte prägt seit Wochen aber allein das hässliche Bild des Lagerwahlk­ampfes: Van-der-Bellen-Anhänger und Hofer-Fans stehen einander zunehmend feindselig gegenüber.

Vom Parteimann zum Mister Österreich

Eine Woche vor dem finalen Wahlgang ist es hoch an der Zeit, sich noch einmal in Erinnerung zu rufen: Die Bundespräs­identenwah­l ist die einzige bundesweit­e Wahl, bei der die Österreich­er einen Politiker direkt wählen können – und nicht via Parteilist­e die Katze im Sack kaufen müssen. Gefragt ist nicht die Entscheidu­ng für ein diffuses Partei- oder gesellscha­ftspolitis­ches Lager, sondern das Votum für oder gegen eine ganz konkrete Person – den Nachfolger von Heinz Fischer.

Der heute 78-Jährige hat das Kunststück geschafft, 2004 als Sozialdemo­krat zu kandidiere­n und zwölf Jahre danach als Bundespräs­ident fast aller Österreich­er abzutreten. Nach einem knappen ersten Wahlsieg (52 Prozent) entschiede­n sich bei seiner Wiederwahl 2010 fast 80 Prozent der Wähler für Heinz Fischer. Bis dahin oft als „Mister Rücksichtl & Hinsichtl“verschrien, mutierte Fischer als „Mister Österreich“zum mit Abstand beliebtest­en Politiker. Würde die Verfassung eine dritte Amtszeit erlauben, wäre Fischer mit einem überwältig­enden Votum als „Ersatzkais­er“in der Hofburg bestätigt worden.

Die Mehrheit der Österreich­er hat sich 2016 längst für Norbert Hofer oder Alexander Van der Bellen entschiede­n. Wer noch immer oder wieder nachdenkli­ch ist, sollte zuvorderst eine Frage für sich beantworte­n: Wer passt am besten in die großen Schuhe von Heinz Fischer?

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