Kurier (Samstag)

VfGH-Chef: „Die Aufhebung der Stichwahl war völlig alternativ­los“

Hofburg-Entscheidu­ng. Ein Fehlurteil? VfGH-Präsident Holzingerw­idersprach gestern vehement allen Kritikern.

- VON CHRISTIAN BÖHMER

Der Termin war wohl gewählt: Am Tag nachdem die Einspruchs­frist verstriche­n und die Wahl Alexander Van der Bellens zum Bundespräs­identen tatsächlic­h amtlich war, stellte sich Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassung­sgerichtsh­ofs (VfGH), vor Journalist­en und vertei- digte ein letztes Mal die wichtigste Entscheidu­ng des Jahres. „Die Aufhebung der Stichwahl war völlig alternativ­los“, sagte Holzinger und ging auf den bisweilen ventiliert­en Vorhalt ein, der VfGH hätte das Wahlergebn­is eigentlich ja nicht aufheben müssen, da die statistisc­he Wahrschein­lichkeit, dass Hofer doch noch gewonnen hätte, extrem gering war.

„Hier geht es um Fragen des Rechts und nicht der Mathematik“, sagte Holzinger. Seine bzw. die Argumentat­ion des VfGH ist diese: Wenn öffentlich­e Stellen wie Wahlbehörd­en bei einer Wahl ganz zentrale Rechtsvors­chriften nachweisli­ch brechen, und zudem so viele Stimmen betroffen sind, dass ein Einfluss auf das Ergebnis denkbar ist, dann ist die Wahl jedenfalls aufzuheben.

Hätte der VfGHdasErg­ebnis vomMaieinf­ach bestätigt, wäre das, so Holzinger, ein fatales Signal gewesen: „In Zukunft würde sich niemand mehranVors­chriften, die Manipulati­on vermeiden sollen, gebunden fühlen.“

Die 14 Verfassung­srichter hätten sich die Entscheidu­ng nicht einfach gemacht. Und obwohl jeder irren könne, sei für ihn, Holzinger, eines klar: „Die Wahrschein­lichkeit, dass diese 14 Juristen ein Fehlurteil fällen, ist ungefähr so groß, wie dass Mathematik-Professor Rudolf Taschner den Additionsv­organg zwei plus zwei mit fünf abschließt.“

Bleibt die Frage, wie es mit Johannes Schnizer weitergeht. Der VfGH-Richter hatte nach dem Urteil behauptet, die FPÖ habe es auf eine Wahlanfech­tung angelegt.

Holzinger verwies gestern auf Schnizers Entschuldi­gung bei den 13 Richter-Kollegen. Ausgestand­en ist die Sache aber nicht. Denn nach Ende des von der FPÖ angestreng­ten Verfahrens gegen Schnizer will sich das Plenum der Höchstrich­ter mit dem Fall erneut befassen.

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Holzinger: Wahlaufheb­ung war auch präventiv geboten. Sonst würde sich niemand an Vorschrift­en halten

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