VfGH-Chef: „Die Aufhebung der Stichwahl war völlig alternativlos“
Hofburg-Entscheidung. Ein Fehlurteil? VfGH-Präsident Holzingerwidersprach gestern vehement allen Kritikern.
Der Termin war wohl gewählt: Am Tag nachdem die Einspruchsfrist verstrichen und die Wahl Alexander Van der Bellens zum Bundespräsidenten tatsächlich amtlich war, stellte sich Gerhart Holzinger, Präsident des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), vor Journalisten und vertei- digte ein letztes Mal die wichtigste Entscheidung des Jahres. „Die Aufhebung der Stichwahl war völlig alternativlos“, sagte Holzinger und ging auf den bisweilen ventilierten Vorhalt ein, der VfGH hätte das Wahlergebnis eigentlich ja nicht aufheben müssen, da die statistische Wahrscheinlichkeit, dass Hofer doch noch gewonnen hätte, extrem gering war.
„Hier geht es um Fragen des Rechts und nicht der Mathematik“, sagte Holzinger. Seine bzw. die Argumentation des VfGH ist diese: Wenn öffentliche Stellen wie Wahlbehörden bei einer Wahl ganz zentrale Rechtsvorschriften nachweislich brechen, und zudem so viele Stimmen betroffen sind, dass ein Einfluss auf das Ergebnis denkbar ist, dann ist die Wahl jedenfalls aufzuheben.
Hätte der VfGHdasErgebnis vomMaieinfach bestätigt, wäre das, so Holzinger, ein fatales Signal gewesen: „In Zukunft würde sich niemand mehranVorschriften, die Manipulation vermeiden sollen, gebunden fühlen.“
Die 14 Verfassungsrichter hätten sich die Entscheidung nicht einfach gemacht. Und obwohl jeder irren könne, sei für ihn, Holzinger, eines klar: „Die Wahrscheinlichkeit, dass diese 14 Juristen ein Fehlurteil fällen, ist ungefähr so groß, wie dass Mathematik-Professor Rudolf Taschner den Additionsvorgang zwei plus zwei mit fünf abschließt.“
Bleibt die Frage, wie es mit Johannes Schnizer weitergeht. Der VfGH-Richter hatte nach dem Urteil behauptet, die FPÖ habe es auf eine Wahlanfechtung angelegt.
Holzinger verwies gestern auf Schnizers Entschuldigung bei den 13 Richter-Kollegen. Ausgestanden ist die Sache aber nicht. Denn nach Ende des von der FPÖ angestrengten Verfahrens gegen Schnizer will sich das Plenum der Höchstrichter mit dem Fall erneut befassen.