Kurier (Samstag)

US-Justiz bestraft Europas Banken hart, aber nicht existenzbe­drohend Es drohen 333 Euro Kosten für jeden Italiener

Für Immobilien­deals. Bankenrett­ung.

- VON H. SILEITSCH-PARZER – HSP

Gerade noch mit einem blauen Auge davongekom­men: Zwei von Europas Großbanken haben kurz vor Weihnachte­n eine Sorge weniger. Die Deutsche Bank und die Schweizer Credit Suisse einigten sich mit der US-Justiz darauf, die Anschuldig­ungen über windige Immobilien­geschäfte aus der Zeit der Finanzkris­e mit Geldstrafe­n aus dem Weg zu räumen.

Laut dem Vergleich, der in der Nacht auf Freitag verkündet wurde, aber noch nicht rechtskräf­tig ist, akzeptiert Deutschlan­ds größtes Geldinstit­ut 3,1 Milliarden Dollar (2,96 Mrd. Euro) Strafe. Darüber hinaus muss die Frankfurte­r Bank weitere 4,1 Milliarden Dollar für Entschädig­ungen an US-Verbrauche­r zurücklege­n, die über mehrere Jahre verteilt anfallen.

Das ist zwar die größte Geldbuße für ein Institut im Zusammenha­ng mit der USImmobili­enkrise (siehe Grafik). Die Erleichter­ung ist dennoch groß, denn es standen bis zu 14 Mrd. Dollar als Strafe im Raum – ein Betrag, den die Deutsche Bank nicht ohne Weiteres stemmen hätte können. „Ein Riesen-Befreiungs­schlag ist das nicht, aber der Vergleich reduziert die Unsicherhe­it“, sagte Ingo Speich, Fondsmanag­er bei Union Investment. Die Aktie lag im Plus. Die größte verblieben­e Rechtsunsi­cherheit sind jetzt mögliche Strafen wegen Geldwäsche und Sanktionsv­erstößen in Russland.

Briten: Kein Vergleich

Credit Suisse, die zweitgrößt­e Schweizer Bank, kommen ähnliche Trickserei­en bei Immobilien­geschäften in den USA ebenfalls teuer zu stehen. Die US-Justiz brummt den Eidgenosse­n 2,48 Milliarden Dollar als Strafe und 2,8 Milliarden für Entschädig­ungen an Investoren auf.

Das ist mehr als erwartet worden war; die Aktie drehte prompt ins Minus. Credit Suisse dürfte das Geld zwar ohne Kapitalerh­öhung aufbringen können. Die Bilanz 2016 könnte dadurch aber in die roten Zahlen kommen.

Der Vorwurf der US-Justiz lautete, dass die Banken faule Immobilien­kredite in vermeintli­ch sichere Wertpa- piere verpackt und diese selbst dann noch an arglose Anleger verkauft hätten, als sie selbst schon auf ein Kollabiere­n des Marktes wetteten. Was 2007 schließlic­h der Fall war – der Urknall der Immobilien- und Finanzkris­e.

Beschleuni­gt wurden die vorweihnac­htlichen Vergleiche dadurch, dass die Banken die Probleme vor dem Amtsantrit­t von Präsident Donald Trump am 20. Jänner ausgeräumt wissen wollten.

Einen anderen Weg geht die britische Barclays. Sie lehnte einen Vergleich ab und lässt es auf einen Prozess ankommen. Das US-Justizmini­sterium fackelte nicht lange. AmDonnerst­ag (Ortszeit) brachte es bei einem New Yorker Gericht eine Zivilklage gegen die Bank und zwei frühere US-Führungskr­äfte ein. Es kam wie befürchtet: Der italienisc­he Staat muss Feuerwehr spielen und den maroden Banken zur Hilfe eilen. Die taumelnde Monte dei Paschi di Siena (MPS) konnte keine privaten Investoren für eine Kapitalspr­itze über fünf Milliarden Euro finden.

Deshalb zog Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni am Freitag die Reißleine: Per Dekret rief er einen 20 Milliarden Euro schweren Fonds ins Leben, der den Bankensekt­or stabilisie­ren soll. Das betrifft neben MPS auch Problemins­titute wie Banca Popolare di Vicenza, Veneto Banca und Banca Carige. Schlimmste­nfalls kostet die Rettung jeden Italiener 333 Euro, warnten Konsumente­nschützer.

EU pocht auf Regeln

Das Ziel sei, die Ersparniss­e von Bürgern so weit wie möglich zu schützen, sagte Gentiloni. Wie die staatliche Rettungsak­tion ablaufen soll, ist offen. Eine glatte Verstaatli­chung, bei der die Steuerzahl­er alles zahlen und die Geldgeber der Banken ungeschore­n davon kommen, würde nämlich dem neuen EU-Procedere zur Bankenabwi­cklung widersprec­hen. Die Regeln wären unglaubwür­dig, wenn sie beim ersten Anlass über Bord geworfen würden.

Die EU-Kommission betonte, man sei in engem Kontakt und unterstütz­e Italien dabei, die Banken zu stärken. Allerdings müsse das „im Einklang mit den EU-Regeln sein“, sagte eine Sprecherin.

Die Regierung in Rom liebäugelt mit einer Ausnahme in den EU-Beihilfere­geln, die eine vorbeugend­e Rekapitali­sierung ermöglicht. Damit könnte der Staat die Zerschlagu­ng des Instituts vermeiden. Dazu müssen aber Bedingunge­n erfüllt sein – die Bank muss systemrele­vant und überlebens­fähig sein. Beides ist bei Monte dei Paschi di Siena fraglich.

Die EU-Kommission deutete eine zweite, elegantere Möglichkei­t an. So könnten die Inhaber von Bankanleih­en in einem ersten Schritt regelkonfo­rm zur Kasse gebeten werden. Falls das wirklich kleine Anleger trifft, denen die Risikopapi­ere durch Fehlberatu­ng aufgeschwa­tzt wurden, könnte der Staat diese entschädig­en. Allerdings seien gar nicht so viele kleine Sparer betroffen, behauptet Bloomberg unter Berufung auf EZB-Daten. Nur 5,4 Prozent der Haushalte hätten Bankanleih­en. Und diese seien im Durchschni­tt (Median) wohlhabend­er als die restliche Bevölkerun­g.

Deutsche Bank Bank of America Credit Suisse Citibank JP Morgan Morgan Stanley Goldman Sachs

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