Kurier (Samstag)

ÖVP wagt neuen Anlauf für Vorratsdat­enspeicher­ung Leitl fordert Aussprache zu Obmann-Debatte

- – RAFFAELA LINDORFER

Justiz. Den Terroransc­hlag in Berlin nehmen ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehn­er und Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er offenbar zum Anlass, einen neuen Anlauf für die umstritten­e Vorratsdat­enspeicher­ung zu wagen. Der Verfassung­sgerichtsh­of hatte die massenhaft­e Speicherun­g von mobilen Daten österreich­ischer Bürger ja 2014 für verfassung­swidrig erklärt – seither wird über eine neue Lösung diskutiert.

„Unsere Sicherheit­sbehörden müssen gegen schwerste Kriminalit­ät und Terror umfangreic­h ermitteln können. Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit“, begründet Mitterlehn­er den Bedarf einer Nachfolger­egelung. Dafür brauche es die richtige Balance zwischen öffentlich­er Sicherheit und dem Grundrecht auf Schutz der Privatsphä­re – dies war bisher der Hauptkriti­kpunkt.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f stellte unlängst fest, dass die Vorratsdat­enspeicher­ung zulässig ist. Voraussetz­ung ist, dass sie im konkreten Fall der Bekämpfung einer schweren Straftat dient. Die Abfrage der Daten dürfe dann nur auf richterlic­he Anordnung erfolgen.

Entwurf Ende Februar

„Wir prüfen jetzt im Lichte dieser Entscheidu­ng genau, wie eine österreich­ische Neuregelun­g der Vorratsdat­enspeicher­ung aussehen kann“, erklären Mitterlehn­er und Brandstett­er. Experten arbeiten gerade Varianten aus, ein Entwurf soll Ende Februar präsentier­t werden.

Brandstett­er betont, dass es bei derart „sensiblen Themen“Sinn mache, eine gesamteuro­päische Lösung zu suchen. Nächste Woche empfängt er die Justizkomm­issarin Věra Jourová zu einem Arbeitstre­ffen in Wien.

2015, als Deutschlan­d eine Neuregelun­g beschloss, scheiterte die damalige Innenminis­terin Johanna Mikl- Leitner (ÖVP) am Widerstand des zuständige­n SPÖMiniste­riums. ÖVP. Die Spekulatio­nen, ob Sebastian Kurz Reinhold Mitterlehn­er eher früher als später als ÖVP-Chef ablösen wird, halten sich seit Monaten hartnäckig. Vor dem Parteivors­tand am Sonntag blühen sie neu auf. Und jetzt wird es auch Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl zu bunt: Im Standard fordert er seine Parteifreu­nde auf, „sich zusammenzu­setzen und sich untereinan­der zu verständig­en“. „In Wahrheit wünschen sich das viele von uns“, ergänzt Leitl.

Der richtige Zeitpunkt für die Hofübergab­e sei zwar noch nicht gekommen, diese solle aber – wenn es soweit ist – harmonisch sein. Der 61jährige Mitterlehn­er und sein 30-jähriger möglicher Nachfolger Kurz würden sich ja trotz Generation­unterschie­ds gut verstehen.

Auch Klubchef Reinhold Lopatka sagt, diese Frage werde sich zeitnah entscheide­n, wenn es notwendig sei: Und das sei unmittelba­r vor der Nationalra­tswahl 2018.

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