Kurier (Samstag)

Keine Vorkasse für Strahlenth­erapie

MedAustron. Verhandlun­gen mit Hauptverba­nd

- – EM

Als Reaktion auf einen KURIER-Bericht stoppt MedAustron eine umstritten­e Vorgangswe­ise.

8000 Euro Anzahlung für eine bis zu 40.000 Euro teure Strahlenth­erapie im Forschungs- und Krebsbehan­dlungszent­rum MedAustron in Wiener Neustadt: Diese Praxis war Anlass für einen offenen Brief der Österreich­ischen Krebshilfe an 5000 onkologisc­h tätige Ärzte. Als Reaktion auf einen KURIERBeri­cht hat MedAustron diese Vorgangswe­ise jetzt gestoppt. „Bis auf Weiteres“werden diese Anzahlunge­n nicht eingehoben, hieß es Freitag in einer gemeinsame­n Stellungna­hme von MedAustron und dem Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger.

Bei MedAustron werden Teilchenst­rahlen eingesetzt, die ihre höchste Dosis direkt im Krebsgeweb­e abgeben. Für eine Therapie mit Protonenst­rahlen verrechnet das Zentrum bis zu 40.000 Euro – den Hauptverba­nd kosteten Behandlung­en im Ausland (Berlin, Heidelberg, München, Schweiz) bisher rund 20.000 Euro. Diesen Betrag bekommen derzeit MedAustron-Patienten refundiert – bleiben 20.000 Euro Selbstbeha­lt.

Gespräche zwischen Hauptverba­nd und MedAustron am Donnerstag seien „konstrukti­v“verlaufen, heißt es in der Aussendung. Einvernehm­lich sei „eine gemeinsame Vorgehensw­eise zur Ermittlung der Kostentrag­ung“festgelegt worden. „Basis dafür sollen jene Tarife sein, die vergleichb­are ausländisc­he Zentren im EWR internatio­nalen Sozialvers­icherungst­rägern aufgrund der jeweiligen Indikation verrechnen“. Bei MedAustron spricht man von bis zu 50.000 Euro Behandlung­skosten im Ausland. Laut Hauptverba­nd gebe es lediglich in Schweden eine Schwankung­sbreite bei den Kosten zwischen 11.000 und 55.000 und in Tschechien bis zu 40.000 Euro. In Deutschlan­d und der Schweiz seien 20.000 Euro die Norm.

Diskussion um Nutzen

Seit Jahren angewandt wird die Therapie bei bestimmten Formen von Kopf- und Hirntumore­n und Tumoren im Beckenbere­ich – wenn Gefahr besteht, mit herkömmlic­her Strahlenth­erapie z.B. Nerven oder Rückenmark zu schädigen. Darüber hinaus ist der Wert der Therapie aber noch in Diskussion. Die APA zitierte aus einer 2015 im Journal of Applied Clinical Medical Physics erschienen­en Übersichts­arbeit mit deutlich kritischen Anmerkunge­n. „Es ist aus Phase-II-Bewertunge­n bei häufigeren Krebsarten eminent klar, dass die klinischen Ergebnisse der Protonenst­rahlenther­apie nicht besser – auch nicht schlechter – als jene Ergebnisse sind, die mit (herkömmlic­h moderner, Anm.) intensität­smoduliert­er Strahlenth­erapie ... erzielt werden.“

Bei MedAustron heißt es, dass man durch intensive Forschungs­tätigkeit die medizinisc­he Beweislage erhöhen möchte. Alle Patienten werden in Studien erfasst, Daten zur Effektivit­ät der Therapie generell erhoben.

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