Kurier (Samstag)

Das ansteckend­e Gefühl, unter Fremden zu Hause zu sein

Fröhlichke­it als Lebensphil­osophie: Das nimmt man von den Reisen nach Osteuropa mit.

- VON PETER PISA

Als es Peter Simonische­k bzw. „Toni Erdmann“im Film in ein armes rumänische­s Dorf verschlägt, hockerlt er sich auf eine Wiese, denn er muss ..., und da kommt ein freundlich­er Rumäne herbei und bittet ihn auf sein Klo, er gibt dem unbekannte­n Besucher Klopapier, und später dann gibt er ihm auch noch einen Sack Äpfel als Geschenk.

Darum geht es in „Zwanzig Lewa oder tot“:

Dass Menschen, die nichts haben, schätzen, was sie haben – und wenn’s bloß ein bissl Obst ist.

Lebensfroh sind sie an Orten, die wie „die Verneinung des Lebens“aussehen.

Offene Augen

Und darum geht es ebenfalls: Dass der Salzburger Autor Karl-Markus Gauß mit seiner (wie er es im KURIER-Gespräch nennt) Welt-Fröhlichke­it alle ansteckt; hoffentlic­h.

Das Motto des neuen Buches ist: „Öffne die Augen und du wirst sehen: Hier bist du daheim“(der kroatische Gelehrte Slavko Mihalić).

Aber: „Überall kann man nicht heimisch werden, dafür sind viele Regionen der Welt zu elend. Doch wenn ich mit offenen Augen und leichten Sinnes unterwegs bin, fühle ich eine Art von Welt-Fröhlichke­it in mir wachsen – ein Gefühl, dass ich auch hier zu Hause bin, unter fremden Menschen, umgeben von anderen Sprachen, anderen Häusern, Landschaft­en ...“

Zuletzt hat er gezeigt, dass das Herrliche durchaus im Alltag zu finden ist.

Drohung

Diesmal spaziert Gauß wieder durch Osteuropa. Nach Serbien reist er, nach Moldau, Kroatien, Bulgarien. Er macht sich Dinge, Menschen, Regionen, Epochen zu eigen – „ich schreibe, um die Welt selber immer wieder neu wahrzunehm­en.“So sieht man durch ihn. Historisch­es hält sich mit Erlebtem die Waage, darauf passt er auf, und auf Jahreszahl­en und Könige folgt dann z. B. die Geschichte, wie er, der Österreich­er, verhaftet worden wäre – wegen illegaler Einreise in die EU.

Und der bulgarisch­e Bettler mit den blau verfärbten Beinen und dem Schlauch, der in seine Hose führt., kommt auf einen zu: „Zwanzig Lewa oder tot!“Er drohte ... mit SEINEM Tod.

Kann man trotzdem fröhlich sein? Ja, weil Fröhlichke­it, so Gauß, eine Haltung zur Welt sei – interessie­rtes Wohlwollen für die Vielfalt dieser Welt.

30 Lewa für den Bettler!

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Beim Fremden heimisch werden: Karl-Markus Gauß, 62
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 ??  ?? Karl-Markus Gauß: „Zwanzig Lewa oder tot“Zsolnay Verlag. 208 Seiten. 22,70 Euro.
Karl-Markus Gauß: „Zwanzig Lewa oder tot“Zsolnay Verlag. 208 Seiten. 22,70 Euro.
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