Symphonischer Jazz mit einem Grenzgänger
Michel Camilo & Wiener Symphoniker
Ein Konzert im Zeichen großer Effekte und dem Eindruck pianistischer Effekthascherei: Quasi als „Sandwich“-Programm war der zweite Abend der Porträtreihe mit Michel Camilo am Donnerstag mit den Wiener Symphonikern unter Wayne Marshall im Konzerthaus angelegt – mit einer symphonischen Eigenkomposition des Pianisten, eingebettet in eine Reihe von GeorgeGershwin-Klassikern.
Kuba
In einer Art „Gershwin goes Buena Vista Social Club“verbindet zunächst die Kubanische Ouvertüre „Rumba“kongenial die Rhythmen der Zuckerinsel und die Klänge authentischer Schlaginstrumente aus der Karibik kunstvoll mit dem klassischen Orchesterklang.
Dann wird der klassisch ausgebildete Michel Camilo seinem Ruf als einem der gegenwärtig temperamentvollsten Pianovirtuosen vollends gerecht: Der mit Grammy- und Emmy Awards ausgezeichnete Solist und Komponist aus der Dominikanischen Republik, im Jazz ebenso wie in der Klassik engagiert, spielt sein der kanarischen Insel Teneriffa gewidmetes 2. Klavierkonzert „Tenerife“. Das entpuppt sich als Effekthascherl von einem Werk mit viel „Rrrummms“und einem schon im ersten Satz höchst beanspruchten Schlagwerker. Zwischen perkussive Passagen, Läufe und wuchtige Akkordfolgen auf der Klaviatur streut Camilo immer wieder zarte Melodien, die an Debussy erinnern.
Er beeindruckt mit einer zuweilen geradezu überbordenden Spielintensität und frappierenden Technik.
Power haben auch der Klassiker „Rhapsody in Blue“am Ende, der den symphonischen Jazz vor fast 100 Jahren begründet hat. Und davor „Porgy and Bess: A Symphonic Picture“in den an rhythmischer Energie und Kurzweiligkeit unübertroffenen Arrangements von Robert Russell Bennett.