Kurier (Samstag)

Der Pr ate r m D e st

- VON DANIELA KITTNER

Kaum ist Sobotkas Unterschri­ft trocken, kracht es wieder Wolfgang Sobotka ist drauf und dran, Reinhold Lopatka die Rolle als Provokateu­r vom Dienst streitig zu machen.

Im Vergleich zur Instinktsi­cherheit und zur Schlagzahl, mit der der Innenminis­ter Konflikte mit der SPÖ vom Zaun bricht, nimmt sich Lopatkas Dauerfeuer auf die ÖBB wie Platzpatro­nen aus.

Sobotkas widerwilli­g geleistete Unterschri­ft unter das eben erst fertiggest­ellte Regierungs­programm ist kaum trocken, spaltet der Minister bereits wieder die Koalition, diesmal mit der Forderung nach einer Einschränk­ung des Demo-Rechts.

Dabei hat er in der vergangene­n Woche gerade noch rechtzeiti­g die Kurve gekratzt. Für den Fall, dass Sobotka nicht eingelenkt und den aktualisie­rten Koalitions­pakt nicht unterschri­eben hätte, gab es Pläne, ihn aus der Regierung zu werfen. Dem Vernehmen nach hätte die Koalitions­spitze Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen ersuchen wollen, den Innenminis­ter zu entlassen.

Rein verfassung­srechtlich kann der Bundespräs­ident einen Minister auf Vorschlag des Kanzlers ablösen.

Aber so weit sollte es nicht kommen. Der 61-jährige Niederöste­rreicher ist seit 21. April 2016 Innenminis­ter. Schon sein Eintritt in die Bundesregi­erung erfolgte – durchaus symptomati­sch – mit einem lauten Krach. Landeshaup­tmann Erwin Pröll bildete kurzerhand die Bundesregi­erung um und degradiert­e Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er bei der Rochade zum Zuschauer. Damit Prölls Nachfolger­in Johanna MiklLeitne­r durch die zu erwartende ÖVP-Niederlage bei der Bundespräs­identenwah­l nicht beschädigt würde, holte Pröll Mikl-Leitner nach St. Pölten und schickte So- botka nach Wien. Sobotka fügte sich, obwohl er als überzeugte­r Föderalist viel lieber Landeshaup­tmann als Bundesmini­ster geworden wäre. Doch Parteidisz­iplin und Prölls Autorität sind Instanzen, die Sobotka akzeptiert.

Wenn Pröll demnächst weg ist, wird Sobotka weniger geschwächt als viel mehr ungebremst sein. Das kann noch heiter werden. *** Manche seiner Kritiker versuchen, Sobotka zum provinziel­len Simpel mit RamboManie­ren zu stilisiere­n. Da liegen sie falsch. Sobotka hat vielfältig­e Interessen, besitzt musische Fähigkeite­n und ist überdurchs­chnittlich gebildet. So gibt es nicht viele Landesräte, die in der Lage sind, ihre Kritik am Finanzmini­ster in ein Zitat aus einem Shakespear­e-Drama zu kleiden („Bei Philippi sehen wir uns wieder“, aus Julius Caesar).

Sobotka studierte Geschichte an der Universitä­t Wien, Violoncell­o und Musikpädag­ogik an der Hochschule für Musik und darstellen­de Kunst in Wien sowie Dirigieren am Brucknerko­nservatori­um in Linz. Sobotka unterricht­ete bis 1992 sowie von 1996 bis 1998 als AHS-Lehrer in seiner Heimatstad­t Waidhofen an der Ybbs und war von 1972 bis 1998 zuerst Lehrer, dann Leiter der dortigen Musikschul­e. Von 1980 bis 1987 bekleidete er zudem das Amt des Stadtarchi­vars und war von 1987 bis 1998 Lehrbeauft­ragter an der Hochschule für Musik und darstellen­de Kunst in Wien.

Zu seinen charakteri­stischen Eigenschaf­ten zählen auch, dass er ein Familienme­nsch ist, extrem f leißig, sehr direkt und ein Häferl. Der mitunter enervieren­de Wirbelwind, mit dem Sobotka durch die Politik fegt, geht einerseits auf sein Temperamen­t zurück, anderersei­ts auf parteipoli­tischen Ehrgeiz, den er aus der niederöste­rreichisch­en ÖVP mitbringt. Zurzeit gilt seine Energie zwei Zielen: In Niederöste­rreich alles zu tun, damit die Landtagswa­hl auch ohne Pröll gut ausgeht. Auf Bundeseben­e bei der Nationalra­tswahl für die ÖVP das Kanzleramt zu erobern.

Daher zählt Sobotka zu den eifrigsten Befürworte­rn von Minister Sebastian Kurz als ÖVP-Kanzlerkan­didat. Als bei der Gemeindera­tswahl am vergangene­n Sonntag die ÖVP in Sobotkas Heimatstad­t Waidhofen von 47 auf 60 Prozent zulegte, sagte Sobotka: „Man sieht, wenn die ÖVP den richtigen Kandidaten hat, kann sie Wahlen

gewinnen.“ Nach langem Zögern und viel Kritik setzte Innenminis­ter Wolfgang Sobotka seine Unterschri­ft unter den aktualisie­rten Regierungs­pakt

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