Kurier (Samstag)

Michael Grabner, bester Rangers-Torschütze, spricht über sein Leben in der weltbesten Eishockeyl­iga.

Rangers-Stürmer Michael Grabner spricht über New York und seine Liebe zur Heimat

- AUS NEW YORK ALEXANDER STRECHA

Es gibt Eishockey. Und dann gibt es Eishockey in der NHL. Willkommen in einer eigenen Welt, in einer anderen Umlaufbahn. Ein Heimspiel der New York Rangers im altehrwürd­igen und imposanten Madison Square Garden bietet ein Spektakel, wie man es in Europa so nicht kennt. Ein Projektor erzeugt vor jedem Drittel Bilder auf die Eisfläche, die ebenso gut aus einem Disney-Studio stammen könnten. Erzählt wird die Geschichte der Rangers, gezeigt werden die Stadt mit ihrer Skyline sowie Bilder sämtlicher Rangers-Cracks. Auch jenes von Michael Grabner, dessen Konterfei plötzlich überdimens­ional groß erscheint.

Der Villacher, dessen starke Kärntner Wurzeln ihm die nötige Bodenhaftu­ng geben, spielt mit in dieser anderen Welt – in dieser Saison besonders erfolgreic­h. Im Heimspiel gegen Columbus erzielte er bei der 4:6-Heimnieder­lage (zwei Tage später gab es ein 2:1 über Buffalo) sein 22. Saisontor. Das bewunderte auch ein gewisser Jon BonJovi – einer der vielen Promigäste. Als sein Gesicht auf dem riesigen Video-Würfel gezeigt wurde, tobten die 18.006 Fans. Nach dem Spiel sprach Michael Grabner mit dem KURIER über sein Leben in New York und seine Pläne nach der Karriere. KURIER: Die Aufholjagd von 0:6 auf 4:6 blieb unbelohnt. Waren es zu viele Fehler in der Defensive? Michael Grabner: Das war kein Einzelfall, so ist es uns in einigen Heimspiele­n schon ergangen. Wir müssen einen Weg finden, wie wir daheim regelmäßig gewinnen können. Zuletzt haben wir häufiger den Start verschlafe­n. Und wenn du 0:6 hinten bist, ist es schwierig, dass du wieder ins Spiel findest. Wir achten zu wenig auf die Defensive. Unser Auswärtssp­iel ist hingegen sehr gut. Mehr als nur gut ist Ihre persönlich­e Bilanz mit 22 Treffern und acht Assists.

Absolut. So weit läuft es gut, besser hätte ich mir den Start nicht vorstellen können. Aber es ist noch viel zu spielen, wir sind erst knapp über der Hälfte. Dabei haben sie mich nicht fürs Toreschieß­en ge- holt. Aber wenn es so gut funktionie­rt, dann nehme ich das mit. Kennen Sie den Grund für Ihre Form?

Ich habe von Beginn an mit meinen Mitspieler­n die Chemie gefunden. Dann sind gleich ein paar Tore gelungen, das Selbstvert­rauen ist gestiegen. Und wenn du nicht viel nachdenkst, läuft vieles von allein. Eine alte Weisheit im Sport. Wagen Sie einen Blick in die nahe Zukunft. Was kann am Ende der Saison für die Rangers heraus schauen?

Alles. Vom Management über Spieler bis hin zu den Fans wollen alle gewinnen. Wir haben ein gutes Team, nur haben wir zu viele schlechte Phasen. Wie gefällt ihnen das Leben in New York?

Wir wohnen 50 Kilometer außerhalb, in der Nähe des Trainingsz­entrums. Nach Downtown komme ich nur für die Spiele. Einige meiner Kollegen wohnen in der City. Aber mir reicht es, zu den 41 Heimspiele­n hineinzufa­hren. Ich nehme immer den Zug. Mit dem Express sind es nur zwei Stationen bis zur Penn Station, das dauert 38 Minuten. Mit dem Auto wäre ich den ganzen Tag unterwegs. Wie oft waren Sie privat in Manhattan?

Vielleicht zwei oder drei Mal. Wieso das? So viele Menschen wollen nach New York, Sie haben die Metropole vor Ihrer Haustüre.

Es ist mir zu hektisch. Dann auch wegen den Kindern, weil wir so wenig Zeit haben. An freien Tage genießen wir die Ruhe. Das heißt, als New-York-Reiseführe­r würden Sie verhungern?

Ja! Ich schaue mir die Sehenswürd­igkeiten kaum an, das macht dafür meine Frau. Zeigt Sie Ihnen danach mit Fotos, wie Ihre Stadt aussieht?

Ja, so ungefähr. Sie fährt oft mit Bekannten und Freunden nach Manhattan. Durch den Direktflug von Wien kommen uns viele Leute besuchen, demnächst ist ein guter Freund da, dann meine Mutter, die ein Monat bei uns bleibt. Sie als bodenständ­iger Villacher schätzen mehr die Ruhe.

Ja, ich mag nicht zu viele Leute auf engem Raum. In Toronto war ich gerne. Dort ist es nicht so hektisch wie in New York. Hier läuft jeder von einem Ort zum anderen, schaut nicht, wo er hinrennt. Wenn du da stehen bleibst und dir etwas anschaust, laufen gleich zehn Leute in dich hinein. Draußen, wo wir wohnen, da ist es ruhig. Gibt es auch einen See, der im Winter zufriert?

Leider nicht. Aber ein Teamkolleg­e hat sich im Garten eine Eisfläche angelegt. Und wir Spieler können die Trainingsh­alle auch privat nützen, da gehe ich mit meinem Sohn Aidan nach der Schule oft Eislaufen, das ist lässig. Er spielt auch ein Mal in der Woche Eishockey. Hätten Sie als kleiner Bub diese Karriere zu träumen gewagt?

Nicht wirklich. Ich habe gehofft, dass ich Profi werde, es in die österreich­ische Liga schaffe. Als ich mit 17 Jahren dann in die USA gegangen bin, habe ich gehofft, dass ich es hier schaffe. Und jetzt spiele ich schon viele Jahre hier, war bei einigen traditions­reichen Klubs. Haben Sie schon das Gefühl, dass Sie es geschafft haben?

Nein. Es geht alles so schnell, es passieren so viele Dinge, wir müssen immer im Moment bleiben. Ich glaube, dass ich es erst nach meiner Karriere realisiere­n werde, was ich alles erreicht habe. Was hat Villach, was New York nicht zu bieten hat?

Heimat. Ich fahre immer im Sommer heim, wir werden dort nach meiner Karriere leben. Ich habe in super Städten gelebt, in Vancouver, Toronto, jetzt in New York. Natürlich gefallen mir diese Metropolen. Aber am liebsten bin ich daheim in Villach. Ich habe beide Welten. Das Jahr über New York, im Sommer Villach. Ich suche schon einen Grund in Villach, sodass wir in den nächsten ein bis zwei Jahren zu bauen beginnen können. Gibt es ein Karriere-Ende in Villach?

Man weiß nicht, was passieren wird, vieles geht so schnell. Vor einem Jahr haben mich hier viele abgeschrie­ben und mir prophezeit, dass ich wieder nach Europa gehen werde. Ich bin bald 30 Jahre alt und hoffe schon, dass ich noch ein paar Jahre in der NHL spielen kann. Danach werden wir schauen. Natürlich wäre es reizvoll, noch einmal in Villach zu spielen. Aber das ist noch ein langer Weg. Bleiben Ihnen noch Träume?

Ja sicher. Der Stanley Cup zum Beispiel. Die Ziele ändern sich im Laufe der Karriere. Zuerst willst du spielen, dann Tore schießen, dann der Spieler werden, der du bist. Daher habe ich darauf geachtet, wo für mich und meine Spielweise der beste Platz ist. Die Rangers sind jedes Jahr vorne dabei und wollen den Titel gewinnen. Und so viele Chancen bekommst du nicht. Ich habe bisher erst zwei Mal in den Playoffs gespielt. Es gibt so viele Legenden, die nie etwas Großes gewonnen haben.

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APA / MI C H A E L R E A V E S
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Große Show: Der Villacher Michael Grabner ist mit 22 Toren der erfolgreic­hste Rangers-Stürmer und bleibt dennoch am Boden
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