Kurier (Samstag)

Wird Graz schwarz-kommunisti­sch regiert?

Ab Sonntag könnte sich VP-Bürgermeis­ter Nagl mit seiner KPÖ-Vize zusammenra­ufen müssen

- VON ELISABETH HOLZER

Eine Kommunisti­n als seine Vize? Niemals! Kategorisc­h schloss es ÖVP-Stadtchef Siegfried Nagl nach den Wahlen 2012 aus, Elke Kahr zu seiner Bürgermeis­ter-Stellvertr­eterin machen. Dabei wäre der KPÖ dieses Amt als zweitstärk­ster Kraft hinter den Schwarzen zugestande­n.

Wenige Jahre und einen geplatzten Pakt mit SPÖ und FPÖ später klang der ÖVPChef schon versöhnlic­her. „Dann sind wir halt Don Camillo und Peppona“, witzelte Nagl. Seine Schwarzen gaben ihr Plazet im Gemeindera­t, als nach dem Rücktritt der SPÖ-Chefin eine neue Abstimmung nötig war: Graz bekam 2016 mit Elke Kahr die vierte Vizebürger­meisterin in seiner Geschichte − und die erste der KPÖ überhaupt.

Jüngsten Umfragen zufolge schaut es so aus, als würde sich das ungleiche Duo nach dem Wahlsonnta­g wieder zusammenra­ufen müssen. Nagls bevorzugte Zweierkoal­ition dürfte sich nur mit den Kommuniste­n ausgehen. Was nach dem morgigen Wahltag wiederum viele Streitgesp­räche zwischen den Parteichef­s bedeuten wird: Volksbefra­gung zum baureifen neuen Murkraftwe­rk, Gebührenst­opp, keine Privatisie­rung städtische­n Eigentums − da trennen ÖVP und KPÖ Welten und Weltanscha­uungen.

Neinsager-Partie?

Wobei Elke Kahr als vermutlich Zweitplatz­ierte der Neuwahlen bei solchen Verhandlun­gen trotzdem auf dem längeren Ast sitzt − Ämter, Titel und höhere Gage seien ihr nämlich egal, beteuert sie immer wieder. Der schwarze Bürgermeis­ter fasst dagegen das oftmalige Nichtzusti­mmen der KPÖ im Stadtsenat allerdings als „Neinsager“Partie auf. „Wir gehen keine Spekulatio­nen ein, so etwas haben wir nie mitgemacht. Damit sind wir glaubwürdi­g“, kontert jedoch Kahr.

Doch Wahlerfolg macht schon selbstsich­er. So sehr, dass Kahr ihre KPÖ jüngst gar als bessere Sozialdemo­kratie beschrieb und deren Erbpacht auf das Sozialress­ort infrage stellte. Unge- wohnt frech für die sonst so zurückhalt­ende 55-Jährige, die 1993 in den Gemeindera­t kam und 2005 Ernest Kaltenegge­rs Erbe im Stadtsenat antrat. Er brachte die KPÖ als Erster in Regierungs­funktion, in dem er die Partei auf wenige, aber effektive Themen einschwor: Wohnungen und Soziales.

Er war es auch, der den KPÖ-Sozialfond­s einführte: Sämtliche Kommuniste­n mit offizielle­n Mandaten im Landtag, Stadtsenat­en oder Gemeinderä­ten behalten nur einen Teil ihres politische­n Bezuges, es gilt eine Gehaltsobe­rgrenze von 2300 Euro netto. „Wir wollen uns nicht abheben mit unserem Verdienst, machen die Probleme der Leute zu unseren eigenen“, begründet Kahr. Das übrige Geld wird an jene verteilt, die darum bitten: 102.733 Euro flossen so im Vorjahr in Lebensmitt­el, Mieten und Stromrechn­ungen − Umverteilu­ng a la KPÖ.

Kahr selbst gab 59.795 davon: Sie behält 1900 Euro netto monatlich, obwohl ihr fast 6000 Euro netto zustünden. „Ich verdiene damit ja gut. Ich brauche keinen Luxus“, begründet Kahr knapp.

Ein lokales Phänomen

Kommunismu­s im Namen, hin oder her: Selbst in deklariert bürgerlich­en Bezirken hat sich die Partei als Auffangbec­ken für Proteststi­mmen etablieren können. Wer mit rechts nichts anfängt, wählt bei Kommunalwa­hlen ganz links. „Das Phänomen KPÖ wird nicht untergehen“, analysiert Politologe Peter Filzmaier. „Die KPÖ hat sich in Graz auf Kosten der Grünen und der SPÖ etabliert.“Der Grazer Schwung hievte die KPÖsogar in Klubstärke in den Landtag. Auch das gibt es sonst nirgendwo.

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ÖVP-Chef Siegfried Nagl und KPÖ-Obfrau Elke Kahr trennt politisch viel: Doch Nagl wird voraussich­tlich nur mit dunkelrote­n Stimmen seine erhoffte Zweierkoal­ition schaffen
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