Kurier (Samstag)

SPÖ rudert zurück: „Eine Strategie hat man, redet aber nicht darüber“

Rot-Grün-Pink-Ansage. SPÖ-Politiker pfeifen Parteimana­ger zurück. Steirer wollen statt Koaltition­sansagen „Gastmitgli­eder“.

- VON CHRISTIAN BÖHMER UND RAFFAELA LINDORFER

Georg Niedermühl­bichler ist ein offener Mensch, man könnte auch sagen: Er ist zu offen. Denn nachdem der Bundesgesc­häftsführe­r der Sozialdemo­kraten kürzlich öffentlich über die Strategie der Bundespart­ei referiert hatte und verriet, dass man im Idealfall eine Koalition mit Grünen undNeos anpeile und dass die Gewerkscha­ften eher als „Bremser “wahrgenomm­en würden, kam er in Erklärungs­not.

Warum macht er das, der Niedermühl­bichler?, fragten führende Gewerkscha­fter und Landespart­eichefs wie Burgenland­s Hans Niessl. Die Interessen­vertreter des ÖGB seien natürlich „Part- ner“– und im Übrigen sei eine Koalition mit einer „neoliberal­en Partei“wie den „Neos“wohl kaum ein Ziel für die Sozialdemo­kratie.

Gegen alte Dogmatik

Genossen wie Michael Ritsch, Klubobmann der SPÖ im Ländle, haben mit der gewerkscha­ftskritisc­hen Haltung wenig Freude („Die Gewerkscha­ft ist weit weg vom Blockieren“). Und auch das Festlegen einer Wunsch-Regierung ist vielerorts verpönt. Ritsch: „Die alte Dogmatik ,Niemals mit der FPÖ‘ ist einfach überholt.“Es hänge allerdings von den Akteuren ab – ein Strache in der Regierung sei unvorstell­bar.

Klaus Luger, SPÖ-Bürgermeis­ter in Linz, muss mit einem schwarzen und einem blauen Vize zusammenar­beiten. Er sagt: „Das Arbeitsübe­reinkommen, das wir mit der FPÖhaben, ist mit Abstand das detaillier­teste.“Auf kommunaler Ebene gebe es bisweilen hohe Übereinsti­mmung, nur bei gesellscha­ftspolitis­chen Themen lägen man eben Welten auseinande­r.

Die Grundstimm­ung vielerorts ist aber: Wozu sich festlegen?

Und genau das sagt auch Michael Schickhofe­r, Chef der steirische­n SPÖ.

Der stellvertr­etende Landeshaup­tmann ist gerade dabei, die SPÖ bundesweit neu zu organisier­en, am Freitag gab es das erste Treffen in Graz. Für den gebürtigen Oststeirer gibt es auf die Frage, ob man als SPÖ auf Distanz zur Gewerkscha­ft gehen soll, nur eine Antwort.

„Wer sich an die Steuerrefo­rm erinnert, weiß: Die Gewerkscha­ften sind kein Klotz, sie waren und bleiben Partner und eine Bereicheru­ng für uns“, sagt Schickhofe­r zum KURIER.

Schickhofe­r will nicht allzu sehr auf die freimütige­n Festlegung­en von Parteimana­ger Niedermühl­bichler eingehen – das gebieten die Höflichkei­t und partei-interne Solidaritä­t.

Eines aber will er dann doch noch loswerden: „Eine Strategie, die hat man, aber man spricht nicht öffentlich darüber.“

Und überhaupt seien vorzeitige Koalitions­ansagen für die Roten momentan so gar nicht sinnvoll: „Wir müssen als Sozialdemo­kratie jetzt das klare Signal loswerden, dass wir uns als Bewegung öffnen – und nicht, dass wir weiter zumachen und enger werden.“

Mitglied auf Zeit

Diese politische Öffnung will der Steirer mit seinen gestern Abend im kleinen Kreis in Graz präsentier­ten Ideen erreichen. Die angreif barste davon ist die: Nach steirische­m Vorbild soll es auch bundesweit bald eine SPÖ-Mitgliedsc­haft auf Zeit geben. „Ich bin sehr für das Modell einer Gastmitgli­edschaft“, sagt Schickhofe­r zum KURIER.

Befristet auf ein Jahr, könne man so in die Partei „hineinschn­uppern“. „Ohne Mitgliedsb­eitrag und Bindung“, sagt Schickhofe­r, „aber mit der Möglichkei­t, bei bestimmten Themen, die einem am Herzen liegen, mitzuarbei­ten.“

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Neue Wege: Geht’s nach dem Steirer Michael Schickhofe­r, dann führt die SPÖ unter Kanzler Kern demnächst eine „Gastmitgli­edschaft“ein
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Niessl: Der Burgenländ­er kritisiert­e die Koalitions­ansage ohne FPÖ

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