Kurier (Samstag)

Rot-Grün-Pink: Wäre das wirklich leichter?

- MARTINA SALOMON

Ist eine Strategie noch eine Strategie, wenn man sie hinausposa­unt? SPÖ-Parteisekr­etär Niedermühl­bichler erklärte kürzlich offenherzi­g, dass die Sozialdemo­kraten auf der Suche nach Mehrheiten abseits von Rot-Schwarz seien, Lieblingsv­ariante: Rot-GrünPink. Warum legt der Herr Sekretär seine Karten offen? Oder ist es gar eine Nebelgrana­te? Denn es wird wohl wieder einen Gut-gegen-Böse-(Schwarz-Blau)-Wahlkampf geben, um Platz eins für die SPÖ zu sichern. Aber an dessen Ende ist Rot-Blau nicht ausgeschlo­ssen. Auch wenn die üblichen antiblauen Ritterheld­en dann vom hohen Ross fallen würden und der Wirtschaft­sstandort wahrschein­lich leiden würde: Ideologisc­h hätte es die SPÖ mit der FPÖ wohl leichter. Der burgenländ­ische Landeshaup­tmann gibt den Weg ja schon vor.

Gleichzeit­ig rückt die SPÖ ihren Kanzler laut Niedermühl­bichler mehr in die Mitte, um der ÖVP in Sachen Wirtschaft­skompetenz auf den Pelz zu rücken. Während der Slim-Fit-Kanzler gerne bei technologi­eaffinen Startup-Konferenze­n erscheint, tanzt sein Vize im Arbeitsins­pektorat-gequälten Waxing-Studio an, als hätte er das als Wirtschaft­sminister gemeinsam mit dem Kollegen im Sozialress­ort nicht längst selbst reformiere­n können.

Lieblingsv­ariante mit Schönheits­fehlern

Rot-Grün-Neos? Eine sehr theoretisc­he Variante – und mit ziemlicher Sicherheit ebenfalls von ausgesucht­er Mühsamkeit. Denn selbst wenn Pink nicht aus dem Parlament fliegt und sich diese Koalition rechnerisc­h ausgeht, gäbe es fette Stolperste­ine. Kann sich grüne Sozialroma­ntik mit pinker Wirtschaft­sliberalit­ät paaren? Immerhin toppte Eva Glawischni­g gerade den Mindestloh­n aus Plan A. Sie fordert quasi als Koalitions­bedingung einen gesetzlich­en Mindestloh­n von 1750 statt der versproche­nen 1500 Euro. (Wie dann jemals ein afghanisch­er Analphabet einen regulären Job in Österreich finden soll, hat sie leider nicht dazugesagt). Und die Neos wünschen sich u. a. eine konsequent­e Abschaffun­g der kalten Progressio­n. Ein Wunsch, mit dem gerade der schwarze Finanzmini­ster an der SPÖ zerschellt ist.

Der Kanzler selbst hätte lieber gleich gewählt. In einem KURIER-Doppelinte­rview mit Reinhold Mitterlehn­er entzündete er diese Woche die Friedenspf­eife, nicht ohne den Kriegspfad zu verlassen. Doch Mitterlehn­er ertrug Kerns Attacken auf seinen Innenminis­ter stoisch. Würde ihm jemand echtes Kalkül unterstell­en, dann könnte man sogar eine Zwei-Marken-Strategie dahinter vermuten: Der Vizekanzle­r lullt die SPÖ mit konstrukti­ven Tönen ein, während sein Minister volkstaugl­ich den Hardliner gibt, womit für alle etwas dabei ist und die ÖVP Kanten zeigt. Doch in Wahrheit scheint sich Mitterlehn­er über Sobotka wirklich zu ärgern.

Somit kann auch der Remix des Koalitions­papiers (mit durchaus vernünftig­en Punkten) nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Sache gelaufen ist und die Show den Inhalt schlägt. Plan B wird wohl eine Herbstwahl sein. Bis dahin darf sich die Koalition zu Tode amüsieren. eMail an:

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