Die neue deutsche Härte
Deutschland will bei Abschiebungen rigoroser vorgehen. Viele Ideen kennt man aus Österreich
Offiziell heißt das Papier , das die deutsche Kanzlerin ihren Länderchefs nun vorgelegt hat, „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“. Der Name ist sperrig, die Botschaft dahinter aber einfach: Merkel verspricht mit ihrer 16-Punkte-Liste mehr Härte bei Abschiebungen – wer nicht freiwillig geht, wird abgeschoben.
Ein Leitsatz, der sich bei Geflüchteten mindestens genauso wie bei Wählern verfangen soll. Klar, denn ein wenig Profilierung schadet der deutschen Kanzlerin nicht: Laut einer neuen Umfrage wünschen sich zwei Drittel der Deutschen ein neues Gesicht im Kanzleramt – das ist mit ein Grund, warum ihr viele Effekthascherei vorwerfen und Zweifel hegen, ob die Liste auch bis zur Wahl umsetzbar ist. Auffällig ist aber, dass viele Vorschläge auch jenseits der deutschen Grenze bekannt sind: Die Idee der Bundesausreisezentren etwa, in denen abgelehnte Asylwerber auf ihre Rückkehr warten und nur mehr Sachleistungen statt Taschengeld bekommen, ist in ähnlicher Form im neuen österreichischen Regierungsprogramm zu finden. Dort ist von „Rückkehreinrichtungen“und „Ausreisezentren“samt Freiheitsbeschränkung die Rede, wie Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, sagt. In beiden Fällen will man Abschreckung erzeugen – in Deutschland aber auch mehr Durchgriffsrecht erzwingen: Bisher führen dort die Länder Abschiebungen durch, und die greifen oft weniger hart durch, als dem Bund lieb ist.
Parallelen finden sich auch bei der Idee, Smartphones zur Überprüfung der Identität von Asylwerbern heranzuziehen. Hat jemand falsche Angaben gemacht, sollen „restriktive Maßnahmen“bis hin zur Abschiebehaft greifen, so der deutsche Plan. In Österreich gebe es die Idee der Handy-Kontrolle auch, so Grundböck; allerdings sehe das Recht keine Sanktionen bei einer Identitätsverschleierung vor. „Nur auf das Asylverfahren „wirkt sich so etwas negativ aus.“
Ähnlichkeiten finden sich auch im Umgang mit Gefährdern. Laut Merkels Papier, das ja auch im Eindruck des Berliner Terroranschlags entstand, will man Menschen, von denen „eine Gefahr für Leib und Leben Dritter“ausgeht, leichter in Abschiebehaft nehmen. Das ist rechtlich aber schwierig und braucht einen richterlichen Beschluss. Zudem ist fraglich, was nach der Haft kommt: Abschiebungen von Gefährdern scheitern – in Deutschland wie in Österreich – oft an Formalitäten, etwa wenn die Person keinen Pass hat oder das Herkunftsland die Aufnahme verweigert. „Das Problem ist meist die Gewährung der Einreise“, sagt Grundböck – bei Straftätern ebenso wie bei abgelehnten Asylwerbern.
Finanzielle Anreize
Aus diesem Grund will man vermehrt Anreize zur freiwilligen Rückkehr schaffen – vor allem für Menschen aus Afghanistan. In Deutschland schwelt seit Langem ein Streit darüber, inwieweit das Land als sicher gelten kann, da in weiten Teilen die Taliban herrschen; auch die Beschaffung von Einreisepapieren ist noch immer schwierig. Darum investiert man nun 90 Millionen Euro in die Rückkehrhilfe in sogenannte „sichere Zonen“– ein Schritt, der trotz hoher Unterstützungsraten (Ausreisewillige bekommen bis zu 2700 Euro) einfacher und billiger ist als Abschiebungen, wie es heißt.
Das weiß man auch in Österreich. 1565 „Außerlandesbringungen“nach Afghanistan wurden 2016 durchgeführt – abgeschoben wurde „nur in Ausnahmefällen. Die meisten kehren freiwillig zurück“, sagt Grundböck.