Missbrauch bei Bau der U-Bahn in Budapest
EU-Korruptionsbekämpfer.
Es muss sich um schwerwiegende Fälle handeln, wenn der Chef der unabhängigen EU-Antibetrugshörde OLAF, Giovanni Kessler, persönlich vor Ort erscheint. Am Freitag ist er in Budapest mit Ungarns Generalstaatsanwalt Peter Polt zusammengetroffen. Dabei ging es um einen brisanten OLAF-Bericht über den Bau der Budapester U-Bahnlinie M4. Laut Brüsseler Informationen besprach Kessler auch laufende Verfahren sowie eine effektivere Durchführung von Strafverfahren bei Verletzung der Finanzinteressen der EU.
Schwere Korruptionsvorwürfe werden von OLAF zum Metro-Bau erhoben. Bei einer Investitionssumme von 1,7 Milliarden Euro seien bis zu einem Drittel der Gelder „gestohlen“worden, heißt es im OLAF-Bericht.
Die Betrügereien beim UBahnbau seien so gravierend, dass selbst Regierungssprecher Zoltán Kovács darin den „größten Korruptionsskandal der vergangenen Jahrzehnte“sieht. Im Staatsfernsehen betonte er Donnerstagabend, OLAF hätte Steuerhinterziehungen in der Höhe von nahezu 550,6 Millionen Euro aufgedeckt. 191,1 Millionen müsse der ungarische Staat wegen des Betrugs an die EU zurückzahlen, sagte Kovács.
In dem OLAF-Bericht werden auch österreichische Unternehmen, wie die Baukonzerne Strabag und Swietelsky genannt. In einem Zeitungsbericht stand vor wenigen Tagen, dass Strabag im Zuge des Metro-Bauskandals EU-Fördergelder zurückzahlen müsse. Das jedoch dementierte eine Unternehmenssprecherin.
Seit Monaten beschäftigen sich EU-Abgeordnete mit Hinweisen, wonach EU-Gelder in Ungarn systematisch missbraucht werden. Jetzt schlägt die Antibetrugsbehörde offensichtlich zu. „Durch die enge Kooperation bei der Aufdeckung von Betrug und Korruption sei es auch möglich, Täter zur Verantwortung zu ziehen“, sagte Kessler gestern in Budapest.
Laut Polt hat die ungarische Staatsanwaltschaft bei allen juristischen Empfehlungen von OLAF die Fahndung angeordnet. In jenen Fällen, in denen bereits gefahndet wurde, seien OLAF-Anmerkungen den Akten beigelegt worden. Anklage sei bisher in fünf Fällen erhoben worden, in einem Fall kam es zu einem Urteil. In 23 Fällen laufe die Fahndung, erklärte Polt.
Jahrelang hat Ungarn allerdings jeden Verdacht zurückgewiesen. 1233,5