Kurier (Samstag)

Jahrhunder­t-Tenor Nicolai Gedda im Alter von 91 Jahren verstorben

- PETER JAROLIN

Nachruf. Er war der ideale Tamino in Mozarts „Zauberflöt­e“, begeistert­e als Belmonte in Mozarts „Entführung aus dem Serail“oder als Don Ottavio im „Don Giovanni“. Er setzte Maßstäbe als Rodolfo in Puccinis „La Bohème“, als Cavaradoss­i in „Tosca“, als Herzog in Verdis „Rigoletto“, als Alfredo in „La Traviata“oder als Gounods „Faust“. Und er zählte zu jenen Künstlern, die auch die Operette in ungeahnte Höhen führten: Nicolai Gedda. Wie erst jetzt bekannt wurde ist der lyrische Jahrhunder­t-Tenor am 8. Jänner 2017 im Alter von 91 Jahren verstorben.

Geboren wurde Nicolai Gedda am 11. Juli 1925 in Stockholm. Von 1928 bis 1936 lebte Geddas Familie in Leipzig, wo sein russischer Stiefvater Kantor an einer russisch-orthodoxen Kirche war. Dort begann er auch seine musikalisc­he Ausbildung. 1936 kehrte die Familie nach Stockholm zurück. Hier studierte Gedda am Konservato­rium und gab 1952 als Cha- pelou in Adolphe Adams Oper „Le postillon de Lonjumeau“sein Bühnendebü­t an der Königlich Schwedisch­en Nationalop­er.

Aktiv bis ins hohe Alter

Sehr rasch wurde Nicolai Gedda aufgrund seiner hellen, sehr flexiblen Stimme, die bis ins hohe Alter einen jugendlich­en Schmelz behielt, einer der gefragtest­en Tenöre des 20. Jahrhunder­ts. Gedda sang an den bedeutends­ten Opernhäuse­rn der Welt wie etwa der Pariser Oper, der Mailänder Scala, dem Royal Opera House Covent Garden, der Metropolit­an Opera New York und natürlich auch an der Wiener Staatsoper.

In Wien debütierte Gedda am 30. Mai 1962 als Tamino anlässlich der Festvorste­llung zur Eröffnung des Theaters an der Wien in ebendiesem Haus unter der Leitung von Herbert von Karajan.

Im Haus am Ring gab er in Folge u. a. den Sänger im „Rosenkaval­ier“von Richard Strauss, Don Ottavio, Herzog, Faust, Rodolfo, Cavaradoss­i, Gustaf III. (Verdis „Un ballo in maschera“) und Alfredo, den er auch bei der „Traviata“-Premiere 1971 sang.

Insgesamt gestaltete Gedda an der Staatsoper neun verschiede­ne Partien in 37 Vorstellun­gen. 1989 wurde er zum Kammersäng­er ernannt; seinen letzten Auftritt hatte Nicolai Gedda am 2. Juli 2001 mit einem umjubelten Liederaben­d.

Gedda, der auch als Konzert-,Lied-und Oratoriens­änger begeistert­e, ist neben Plácido Domingo übrigens jener Sänger mit der umfangreic­hsten Diskografi­e. Man kann Geddas Vermächtni­s also nachhören.–

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Eine unverwechs­elbare Stimme: Nicolai Gedda (1925–2017)

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