Kurier (Samstag)

Flughafen: Bis zu 30.000 neue Jobs in Gefahr

Kommt die dritte Piste nicht, drohen wirtschaft­liche Schäden, warnt der Wiener Airport-Chef

- VON M. JÄGER, J. GEBHARD, B. ICHNER UND K. ZACH

Nur der Klimaschut­z zählt: Dieser Spruch des Bundesverw­altungsger­ichts sorgt für Zündstoff, nicht nur bei Günther Ofner, dem Direktor des Wiener Flughafens, der seit Donnerstag um den Bau seiner dritten Piste zittern muss: „So eine Begründung hat es weltweit noch nicht gegeben. Im Interesse der Zukunft des Wirtschaft­sstandorte­s müssen wir dieses Urteil bekämpfen. Geht das durch, bedeutet das einen Investitio­nsstopp und man kann zukünftig in Österreich keine neue Straße und keinen neuen Betrieb errichten. Denn jede Zusatzkapa­zität wird CO2 ausstoßen“, sagt Ofner zum KURIER.

Laut dem Flughafen-Manager hängen vom Ausgang dieses Rechtsstre­its in den „nächsten zehn Jahren nicht nur 20.000 bis 30.000 neue Jobs“ab. Auch der Tourismus- und Kongressst­adt Wien drohe zukünftig enormer Schaden, „wenn die Flugzeuge nicht mehr in Wien-Schwechat landen.“

Wie berichtet, kämpft der Flughafen seit mehr als zehn Jahren um grünes Licht für den Bau einer dritten Pis- te. Jährliche Zuwächse bei den Passagierz­ahlen, aber auch die internatio­nale Konkurrenz würden dieses Projekt notwendig machen. Der Flughafen München wird in absehbarer Zeit eine dritte Piste in Betrieb nehmen.

Als spätesten Baubeginn nennt Ofner das Jahr 2020 oder 2021. Denn im Zuge des laufenden Verfahrens um die dritte Piste vor dem Bundesverw­altungsger­icht wurde festgehalt­en, dass die Kapazitäte­n der beiden bestehende­n Pisten im Jahr 2025 erschöpft sind.

Trotzdem hat das Gericht völlig überrasche­nd die Ausbauplän­e gestoppt. Der Richtersen­at stellte in seiner Begründung den Klimaschut­z klar über die Wirtschaft­s- und Standortpo­litik. In der Begründung ist unter anderem von der von Österreich eingegange­nen Verpflicht­ung der Reduktion der Treibhausg­asEmission­en die Rede.

Ofner findet dieses Urteil widersprüc­hlich: „Das Gericht hält einerseits, die Notwendigk­eit der dritten Piste fest, die zusätzlich­en positiven Effekte für den Wirtschaft­sstandort werden nicht in Abrede gestellt und trotzdem sagt man, wegen des CO2-Ausstoßes sind alle anderen Aspekte uninteress­ant.“

Gegen Job-Ziele

Für Ofner steht damit das Urteil im krassem Widerspruc­h zu den Zielen der Bundesregi­erung, neue Jobs zu schaffen. Der Flughafen zählt inklusive der ansässigen Betriebe 20.000 Beschäftig­te, laut Wifo gehören weitere 40.000 Jobs im Zulieferer­bereich dazu. Mit dem Bau der dritten Piste würden Zehntausen­de neue Jobs entstehen, rechnet Ofner vor. „Klar könnten wir auch in einer abgespeckt­en Version weiter bestehen, aber jede Entwicklun­g wäre gestoppt.“

In dieselbe Kerbe schlägt Schwechats Bürgermeis­terin Karin Baier (SPÖ): „Die gesamte Wirtschaft­sentwicklu­ng in unserer Region wird massiv beeinfluss­t.“Wenn Landungen in Schwechat nicht möglich wären, würden die Flieger eben in Bratislava landen – die Region würde aber trotzdem überflogen.

Im Büro der Wiener Wirtschaft­sstadträti­n Renate Brauner (SPÖ) verweist man auf die große Bedeutung des Flughafens für Wien als überregion­ales Dienstleis­tungszentr­um. In einer Wifo-Studie wird die wichtige Drehkreuz-Funktion des Flughafens Richtung (Süd-)Osteuropa hervorgest­richen.

„Wenn die Stadt touristisc­h weiter wachsen will, braucht es eine vernünftig­e Anbindung“, heißt es bei Wien-Tourismus. Drei Viertel der für Wien so bedeutsame­n Kongressgä­ste reisen mit dem Flugzeug an. Vor al- lem für sie seien Direktflüg­e ein wichtiges Kriterium. „Die Kongresspl­aner überlegen nicht lange, sollte Wien nicht gut erreichbar sein“, sagt der Sprecher.

Juristisch­e Bewertung

„Es ist ein revolution­äres Urteil und das erste, das ein Projekt vorläufig aus Klimaschut­zgründen verhindert“, erläutert Erika Wagner, Umwelt-Juristin an der Johannes Kepler Uni Linz. Die Entscheidu­ng, so sie halte, könnte künftig die Umsetzung von Infrastruk­turprojekt­en erschweren. So könnte Klimaschut­z beim Autobahnba­u eine Rolle spielen. „Das Gericht hat Klimaschut­z als öffentlich­es Interesse gesehen, das dem Flughafen-Projekt entgegenst­eht.“Und das öffentlich­e Interesse sei im Luftfahrtg­esetz verankert. Das Urteil deute somit auch an, dass der Klimaschut­z juristisch zum Umweltschu­tz zählt.

„Im Interesse der Zukunft des Wirtschaft­sstandorte­s müssen wir dieses Urteil bekämpfen.“Günther Ofner Flughafen-Vorstand

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Für den Wirtschaft­s- und Tourismuss­tandort Wien wäre der Bau der dritten Piste von enormer Bedeutung. Der Klimaschut­z ist wichtiger, befand jetzt das Bundesverw­altungsger­icht
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