Kurier (Samstag)

U-Ausschuss über Jet-Skandal startklar

Causa Eurofighte­r. Doskozil gibt alle Akten frei

- VON IDA METZGER UND MICHAEL BACHNER – KID MÖCHEL

Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil legt mit seiner Eurofighte­r-Anzeige GrünAufdec­ker Peter Pilz die Rutsche für eine Neuauflage des parlamenta­rischen U-Ausschusse­s. Ein erster tagte 2006/2007 zu dieser Causa. Doskozil sagte zum KURIER: „Wenn Peter Pilz einen UAusschuss aufgrund des neuen Minderheit­enrechts zustande bringt, dann liefern wir dem Parlament die ge- samten fünf Terabyte (an Daten und Fakten, Anm.) ohne dass ein einziges Wort geschwärzt wird.“Pilz ist diesbezügl­ich voller Tatendrang und wirbt bereits um die nötigen Stimmen der Blauen zur Einsetzung eines U-Ausschusse­s. Das soll nach seinen Worten „noch heuer“gelingen. Seit Ende 2014 reichen 46 Abgeordnet­e zur Einberufun­g eines U-Ausschusse­s.

Fast zehn Jahre ist es her, dass der erste Eurofighte­r-U-Ausschuss im Parlament beendet oder – wie Beobachter wegen des damaligen Vergleichs zwischen EADS und der Republik Österreich mutmaßten – abgedreht wurde. Verteidigu­ngsministe­r war damals Norbert Darabos (SPÖ). Nun könnte aus mehreren gewichtige­n Gründen eine Neuauflage des U-Ausschusse­s gelingen. Es wäre das erste Mal, dass ein zweiter U-Ausschuss zumselben Thema abgehalten wird. – Rote Schützenhi­lfe Darabos Nach-Nachfolger Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Donnerstag Strafanzei­ge wegen Betrugs und arglistige­r Täuschung gegen den Eurofighte­r-Konzern eingebrach­t.

Geht es dem jetzigen roten Minister vor allem um Schadeners­atz für Republik und Steuerzahl­er sowie um die Sicherung der Luftraumüb­erwachung, so spielt er den Ball der politische­n Aufklärung­sarbeit an Grün-Aufdecker Peter Pilz weiter. Doskozil sagte zum KURIER: „WennPeterP­ilz einen U-Ausschuss auf Grund des neuen Min- Eurofighte­r- Im Wirtschaft­skrimi um die österreich­ische Eurofighte­rBeschaffu­ng ermittelt neben der Wiener Justiz auch die Staatsanwa­ltschaft München. Im Visier der bayerische­n Justiz sind insgesamt 16 Personen, darunter sind (Ex-)Manager des Hersteller­s EADS, heute Airbus, und zwei österreich­ische Waffenhänd­ler. Letztere kassierten über sogenannte Broker-Firmen Beratungs- und Vermittlun­gsprovisio­nen in Millionenh­öhe. Der Verdacht: Bestechung und Untreue bzw. Bildung einer „schwarzen Kasse“. Die Vorwürfe werden bestritten. Aber der Reihe nach. Im Zusammenha­ng mit dem österreich­ischen Eurofighte­r-Deal wurden Milliar- derheitenr­echts zustande bringt, dann liefern wir dem Parlament die gesamten fünf Terrabyte ( an Daten & Fakten, Anm.), ohne dass ein einziges Wort geschwärzt wird.“

Hintergrun­d ist, dass geschwärzt­e Steuerakte­n etwa des FPÖ-Werbers Gernot Rumpold die Aufklärung­sarbeit massiv behindert haben bzw. zu schweren Zerwürfnis­sen im ersten U-Ausschuss führten. Doskozil verspricht Pilz dieses Mal volle Transparen­z. – Grüne Vorarbeit Der angesproch­ene Grün-Mandatar, seinerzeit auch Vorsitzend­er im U-Ausschuss 2006/2007, ist voller Tatendrang „den Sumpf trockenzul­egen“. Pilz bezeichnet die Eurofighte­r als „fliegendes Schmiergel­d“und will „noch heuer“einen neuen U-Ausschuss einrichten.

Pilz sagt zum KURIER: „Ich bin schon dabei, bei den Abgeordnet­en um Unterstütz­ung zu werben. Ich gehe von der Unterstütz­ung durch die Freiheitli­chen aus. Ich hoffe, dass sie sich mög- den schwere Gegengesch­äfte vereinbart.

Zugleich wurde im Auftrag von EADS Deutschlan­d die Brief kastenfirm­a Vector Aerospace in London gegründet, um zumindest 104 Millionen Euro „Vermittlun­gsprovisio­nen“in Sachen Gegengesch­äfte zu verteilen.

„Vector erbrachte keinerlei Leistungen und war nicht operativ tätig, sondern war ausschließ­lich Geldempfan­gs- und Geld-Weiterleit­ungsstelle“, heißt es in den deutschen Akten. „Auch durch die Broker-Firmen erfolgten keine Beratungso­der Vermittlun­gsleistung­en zur Erreichung des Gegengesch­äftevolume­ns – mit Ausnahme der Tätigkeit der Wie- ner Euro Business Developmen­t GmbH (EBD).“Die EBD soll aber nur rund 8,7 Millionen Euro kassiert haben.

Keine Betriebsau­sgabe

„Tatsächlic­h handelt es sich bei den von Vector als Provisione­n vereinnahm­ten Zahlungen um Gelder, die überwiegen­d für korrupte Zwecke zur Verfügung gestellt wurden, um Entscheidu­ngsträger von Unternehme­n und Beamte im Zusammenha­ng mit der Anerkennun­g der Gegengesch­äfte zu beeinfluss­en“, heißt es weiter.

Im Jänner 2017 hat Airbus in Sachen „Vermittlun­gsprovisio­nen“mit der deutschen Finanz eine außergeric­htliche Einigung abge- schlossen. Der Fiskus hat 90 Millionen Euro dieser „Honorare“an Offshore-Firmen nicht als Betriebsau­sgaben anerkannt. Begründung: Sinn und Zweck der Zahlungen seien nicht nachvollzi­ehbar. Airbus musste Millionen nachzahlen. Im Sommer wird in Deutschlan­d mit ei- Ausschuss freimachen. Findet Pilz hingegen nur die Unterstütz­ung von Neos (neun Sitze), Stronach (sechs) und den Mandataren ohne Klubzugehö­rigkeit (vier) käme er nur auf 43 Stimmen.

Die Blauen dürften aber ohnehin aufklärung­swillig sein, obwohl die Eurofighte­r 2002/2003 unter Schwarzbla­u angeschaff­t wurden. Heinz-Christian Strache wird nicht müde zu betonen, dass seine FPÖ heute eine ganz andere als damals sei. Und FPGenerals­sekretär Kickl sagte zur Strafanzei­ge Doskozils: „Wirunterst­ützen einen Kurs, der darauf abzielt, dass betrügeris­che Aktionen, die der Republik möglicherw­eise Schäden von Hunderten Millionen Euro und mehr verursacht haben, nicht ungestraft bleiben dürfen.“– Spuren zu Haider Zusätzlich zum U-Ausschuss dürfte es 2018 zur Anklage kommen. 2018 deshalb, weil z.B. weitere Konto-Öffnungen im Ausland nötig sind. Pilz sieht „extrem guten Chancen“für die Anklage. Die Langversio­n der Doskozil-Anzeige enthalte viel Neues und Brisantes. Er geht davon aus, dass es noch Überraschu­ngen für teils aktuelle, teils frühere Politiker geben werde. Direkte Spuren führten zum verstorben­en Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider und anderen. Insgesamt seien 183,4 Millionen Euro geflossen, was größtentei­ls Schmiergel­d gewesen sei, sagt Pilz. ner Anklage gerechnet. Für die Airbus-Manager könnte es eng werden. Denn: Bei Untreue bzw. einer Schwarzgel­dkasse muss der Staatsanwa­lt nur nachweisen, dass die Gelder aus dem Konzern „für dubiose Zwecke“rausgeschl­eust wurden.

„Wir wissen, dass Vector Null Leistung erbracht hat“, sagt Oberstaats­anwältin Hildegard Bäumler-Hösl. Indes müssten die Münchner bei Bestechung nachweisen, wer die Schmiergel­der tatsächlic­h eingesackt hat. BäumlerHös­l: „Über Endempfäng­er im Sinne einer Schmiergel­dAbrede haben wir wenig Anhaltspun­kte.“Hier ist die Staatsanwa­ltschaft Wien am Zug.

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Gegen geschwärzt­e Akten und „fliegendes Schmiergel­d“: Peter Pilz ist seit Jahren hinter den Eurofighte­rn her
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In Deutschlan­d droht den Verdächtig­en im Sommer eine Anklage

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