Kurier (Samstag)

Politische­s Spiel mit den Eurofighte­rn

- MARTINA SALOMON

14 Jahre nach dem Kauf und zehn Jahre nach der eher missglückt­en Neuverhand­lung durch Norbert Darabos fühlt sich nun die österreich­ische Regierung bei der Anschaffun­g der Eurofighte­r mit „Arglist“getäuscht. Wie dies? Waren sämtliche österreich­ischen Verhandler, Hundertsch­aften von Experten, so dumm, sich täuschen zu lassen? Oder ist es nur ein juristisch­er Kniff? („Arglist“verjährt erst nach 30 Jahren.)

Kein Zweifel: Rund um diesen Kauf wucherte ein Dickicht von Beratern und Lobbyisten, und es sind Millionen des europäisch­en Luftfahrtk­onzerns versickert. Sollte es Korruption gegeben haben, muss sie endlich aufgeklärt werden. Bekannterm­aßen arbeitet die Staatsanwa­ltschaft Wien seit einem Jahrzehnt daran. Auch in München läuft ein Verfahren wegen des Untreue-Verdachts von früheren Airbus-Managern im Zuge des Eurofighte­r-Verkaufs. Aber ob wir die Existenz schwarzer Kassen für dubiose Provisione­n und deren Begünstigt­e je bestätigt bekommen? Oder – noch unwahrsche­inlicher – Geld von Airbus zurückkrie­gen?

Die SPÖ setzte immer auf Saab

Es sei auch dahingeste­llt, ob ein zweiter parlamenta­rischer Untersuchu­ngsausschu­ss neues Licht in die Sache bringt. Könnte es nicht sein, dass so ein U-Ausschuss – ebenso wie die Anzeige der Republik gegen Airbus – für die SPÖ auch politisch interessan­t ist? Sie bzw. ihre seinerzeit­igen Verteidigu­ngsministe­r waren traditione­ll mit Schweden und Saab verbunden. Da jetzt auch die Nachfolge-Entscheidu­ng für jahrzehnte­alte Saab-105Düsenfl­ugzeuge ansteht (Österreich überwacht seinen Luftraum mit zwei verschiede­nen Flugzeug-Typen), ist es möglicherw­eise nicht unwillkomm­en, einen Schatten auf den Airbus-Konzern zu werfen. Saab hat gerade ein brandneues Gripen-Modell vorgestell­t. Zufall? Abgesehen davon ist es für die SPÖ auch Richtung Wahlkampf von Interesse, die alten schwarz-blauen Geschichte­n endlos am Köcheln zu halten.

Sollte künftig bei solchen Waffenkäuf­en auf Gegengesch­äfte verzichtet werden? Klingt vernünftig, sollte aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass Österreich praktisch bei jedem größeren Rüstungsau­ftrag zwingend Gegengesch­äfte verlangt hat und sie internatio­nal Usus sind. Zwischen 2003 und 2010 hat das Wirtschaft­sministeri­um 3,3 Milliarden Euro (also fast die vereinbart­e Gesamtsumm­e) abgerechne­t. Davon haben zahlreiche in Österreich ansässige Firmen profitiert.

Die Öffentlich­keit hat ein Recht, dieses Kapitel endlich in allen Facetten ohne parteitakt­ische Spiele aufgearbei­tet zu bekommen. Dann wenden wir uns anderen Sümpfen zu, deren Trockenleg­ung möglicherw­eise noch mehr Geld sparen würde. Siehe der brandaktue­lle Rechnungsh­of-Rohbericht über die explodiere­nden Kosten der Wiener Mindestsic­herung: Da versickern Millionen. Diese könnten, über Jahre hinweg gerechnet, den Schaden, der in Österreich angeblich durch den Eurofighte­rkauf entstanden ist, bald überholen.

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Was hinter dem Zeitpunkt für die Anzeige stehen könnte und was Aufdecker noch interessie­ren sollte.
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