Kurier (Samstag)

Bei Bio sitzt das Börserl wieder locker

Europäer geben deutlich mehr für Bio aus. Österreich­s Bauern stellen um und hoffen aufs Wirtshaus

- AUS NÜRNBERG SIMONE HOEPKE

Bio wuchert, voneiner Nische kann keine Rede mehr sein. Im Vorjahr haben Konsumente­n rund um den Globus geschätzte 75 Milliarden Euro für zertifizie­rte Bio-Waren ausgegeben, Tendenz steigend. „Allein in Europa ist der Markt zuletzt um 13 Prozent gewachsen und damit zum ersten Mal seit der Finanzkris­e um einen zweistelli­gen Prozentsat­z“, sagt Helga Willer vom Forschungs­institut für biologisch­en Landbau (FibL) in der Schweiz. Die Franzosen und Italiener haben demnach sogar um 15 Prozent mehr für Bio ausgegeben als noch ein Jahr zuvor.

Weltmeiste­r Schweiz

Den Titel Bio-Weltmeiste­r stecken sich aber nach wie vor die Schweizer an den Hut. Laut Statistik geben sie durchschni­ttlich 262 Euro im Jahr für Bio-Waren aus, damit liegen sie im Ranking weit vor den Schweden und Dänen (191 bzw. 177 Euro). Österreich hinkt noch etwas hinterher (rund 150 Euro), aber immermehrB­auernstell­en auf Bio um.

„Der Flächenzuw­achs von 2015 auf 2016 betrug rund 26.500 Hektar, das ent- spricht in etwa der Fläche von Malta“, sagt Gertraud Grabmann, Obfrau von Österreich­s Biobauern. 20 Prozent der Landwirtsc­haftsfläch­en werden hierzuland­e ökologisch bewirtscha­ftet, Grabmann wünscht sich bis 2025 einen Anteil von 30 Prozent. Einziger Schönheits­fehler in der Erfolgsbil­anz: Nicht alles was Bio ist, findet unter diesem Mascherl und Preis Abnehmer.

„Es gilt, im Marketing nachzuschä­rfen und neue Felder zu bearbeiten, etwa in der Gastronomi­e“, formuliert es Michael Blass, Chef der AMA Marketing. So hat BioFleisch derzeit in der Gastronomi­e einen bescheiden­en Anteil von 0,7 Prozent. Nur 8,7 Prozent der in der Gastronomi­e aufgetisch­ten Eier kommen aus Bio-Produktion, im Handel sind es schon mehr als 20 Prozent. In der Gastronomi­e kräht eben noch kein Hahn nach einer Herkunftsk­ennzeichnu­ng, schimpfen Landwirtsc­haftsvertr­eter. Vieles kommt noch immer anonym daher – auch wenn es Politiker gerne anders hätten. Dennoch weisen Biogroßhän­dler, die Gemeinscha­ftsküchen und Gas- tronomen beliefern, „seit Jahren Umsatzzuwä­chse von zehn bis 15 Prozent“aus, keimt in Grabmann Hoffnung auf.

Ob im Supermarkt oder beim Wirt ums Eck: In den vergangene­n Jahren hat Bio einen neuen Konkurrent­en bekommen – die Regionalit­ät. Alles, was unter diesem Titel rennt, scheint das Potenzial zu einem Umsatzbrin­ger zu haben. Obwohl gar nirgends definiert ist, was der Kunde unter „Regionalit­ät“zu verstehen hat.

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Streit um Fußabdruck

Dennoch sind Konsumente­n gern bereit, für regionale Ware mehr Geld auszugeben. Oft, um eine Region zu unterstütz­en, manchmal um einen kleineren ökologisch­en Fußabdruck in der Welt zu hinterlass­en. Indem sie etwa um Erdbeeren aus Marokko oder Tomaten aus Südamerika einen Bogen machen und zu heimischer (Glashaus-) Produktion greifen. Deren ökologisch­er Fußabdruck ist aber nicht zwingend kleiner, verweist Blass auf Studien. Demnach schneiden schwedisch­e Konsumente­n, die südamerika­nische Tomaten kaufen, in der Öko-Bilanz besser ab als jene, die zu Tomaten aus Schweden greifen.

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Händler setzen im Gegensatz zu Wirten schon lange auf Bio-Ware

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