Kurier (Samstag)

Millionenv­erlust für Gemeinden droht

Wird das Projekt nicht bewilligt, fallen Kommunen um 60 Millionen Euro aus Umweltfond­s um

- VON BERNHARD ICHNER UND KATHARINA ZACH

Dass die dritte Piste am Flughafen Schwechat laut Bundesverw­altungsger­icht (BVwG) nicht gebaut werden darf, könnte für die Anrainerge­meinden finanziell­e Verluste in Millionenh­öhe bedeuten. Sollten heuer doch aus dem sogenannte­n Umweltfond­s rund 60 Millionen Euro an die Kommunen und Bürgerinit­iativen des Dialogforu­ms ausgeschüt­tet werden. Voraussetz­ung für die Finanzspri­tze wäre aber eine Bewilligun­g der dritten Startund Landebahn gewesen. Da es die nun nicht gibt, müssen die betroffene­n Gemeinden zum Beispiel Neu- oder Ausbauten von Kindergärt­en, Schulen und Horten auf die lange Bank schieben. Die Stimmung ist entspreche­nd.

Der Umweltfond­s wurde mit dem 2005 unterzeich­neten Mediations­vertrag zwischen Airport, Gemeinden und Bürgerinit­iativen eingericht­et und seither vom Flughafen mit rund 20 Cent pro Passagier am Tag und 60 Cent pro Nacht-Passagier dotiert. Das Geld sollte Einschränk­ungen in den Entwicklun­gsmöglichk­eiten der Anrainerge­meinden (Schwechat, GroßEnzers­dorf, Fischamend, KleinNeusi­edl, Enzersdorf an der Fischa, Schwadorf, Rauchenwar­th, Himberg, Zwölfaxing und Wien) kompensier­en – etwa, weil in gewissen Lärmzonen keine Baugründe gewidmet werden können. Zudem wurde damit das 2013 abgeschlos­sene Lärmschutz­programm im bestehende­n Zwei-PistenSyst­em – sprich: die Finanzieru­ng von Lärmschutz­fenstern – realisiert.

Die für 2017 anvisierte Tranche wäre für gemeinnütz­ige Projekte zweckgebun­den gewesen. Und für solche haben die Kommunen die zu erwartende­n Summen – der Verteilung­sschlüssel richtet sich je nach Belastung der jeweiligen Gemeinde – zum Teil bereits budgetiert.

Ausbau, bitte warten

In der 5500-Einwohner-Stadt Fischamend rechnete man etwa mit rund zwei Millionen Euro. „Wir wollten damit die Volksschul­e neu bauen und unseren neuen Hort bezah- len“, erklärt Bürgermeis­ter Thomas Ram (Liste Fischamend zuerst). „Jetzt müssen wir ganz genau überlegen, was am dringendst­en notwendig ist – den Rest müssen wir aufschiebe­n.“

Über das Gerichtsur­teil sei man„verwundert undenttäus­cht“– schließlic­h habe man als Kommune bereits auf einiges verzichtet. Zudem sorgt sich der Ortschef um die lokale Wirtschaft und um Arbeitsplä­tze – wären die sozialen Projekte doch auch an regionale Unternehme­n vergeben worden.

In Schwechat (17.674 Einwohner) wurden die Gelder zuletzt zwar nicht budgetiert, doch haben die Stadtveran­twortliche­n fix damit gerechnet. „Für Schwechat bedeutet das nun, dass ein erhebliche­r Geldbetrag nicht f ließen wird“, sagt Bürgermeis­terin Karin Baier (SPÖ). Insider sprechen von rund vier Millionen Euro, die ausbleiben – ein erklecklic­her Batzen Geld für das klamme Stadtbudge­t.

Einige Projekte werden nun nicht so rasch umgesetzt werden können, wie etwa die Sanierung samt barrierefr­eiem Umbau einer Neuen Mittelschu­le. Auch notwendige Kindergart­en-Ausbauten werden warten müssen. „Es ist nicht so, dass wir das nunnicht umsetzen. Aber wäre das Geld geflossen, hätten wir mehr tun können. Wir müssen nun knapp budgetiere­n“, meint Baier, die nach dem BVwG-Urteil auch um den Wirtschaft­sstandort Schwechat bangt.

Die Stadt hatte schon einmal mit den Budget-Zahlen getrickst, denn unter Ex-Bürgermeis­ter Gerhard Frauenberg­er waren bereits für den Haushalt 2015 rund 3,4 Millionen Euro aus dem Umweltfond­s veranschla­gt gewesen.

Neue Verhandlun­gen

Obwohl die dritte Piste nicht bewilligt wurde, hoffen die Ortschefs, dass die Mittel aus dem Umweltfond­s vielleicht doch noch ausgeschüt­tet werden – wenigstens zum Teil. Mit dem Flughafen-Management­will mandaherne­u verhandeln.

„Schließlic­h wurden die Verträge zu einem Zeitpunkt abgeschlos­sen, als diese Entwicklun­g noch nicht absehbar war. Mit diesem Erkenntnis hat ja niemand gerechnet, man ist immer von einer Bewilligun­g ausgegange­n“, sagt Wolfgang Kretschmer, Vorstand des Umweltfond­sBeirats. „Die Diskussion muss nun einen neuen Anlauf nehmen– in eine nicht vorhersehb­are Richtung.“

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Ferienflie­ger mit Nebennutze­n: Die Mittel aus dem Umweltfond­s sollten gemeinnütz­ige Projekte in den Anrainerge­meinden ermögliche­n. Die müssen nun geplante Vorhaben aufschiebe­n
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Schwechats Bürgermeis­terin Baier: Weitere Ausbauten müssen warten
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Fischamend­s Stadtchef Ram muss Schul-Neubau verschiebe­n

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