Millionenverlust für Gemeinden droht
Wird das Projekt nicht bewilligt, fallen Kommunen um 60 Millionen Euro aus Umweltfonds um
Dass die dritte Piste am Flughafen Schwechat laut Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nicht gebaut werden darf, könnte für die Anrainergemeinden finanzielle Verluste in Millionenhöhe bedeuten. Sollten heuer doch aus dem sogenannten Umweltfonds rund 60 Millionen Euro an die Kommunen und Bürgerinitiativen des Dialogforums ausgeschüttet werden. Voraussetzung für die Finanzspritze wäre aber eine Bewilligung der dritten Startund Landebahn gewesen. Da es die nun nicht gibt, müssen die betroffenen Gemeinden zum Beispiel Neu- oder Ausbauten von Kindergärten, Schulen und Horten auf die lange Bank schieben. Die Stimmung ist entsprechend.
Der Umweltfonds wurde mit dem 2005 unterzeichneten Mediationsvertrag zwischen Airport, Gemeinden und Bürgerinitiativen eingerichtet und seither vom Flughafen mit rund 20 Cent pro Passagier am Tag und 60 Cent pro Nacht-Passagier dotiert. Das Geld sollte Einschränkungen in den Entwicklungsmöglichkeiten der Anrainergemeinden (Schwechat, GroßEnzersdorf, Fischamend, KleinNeusiedl, Enzersdorf an der Fischa, Schwadorf, Rauchenwarth, Himberg, Zwölfaxing und Wien) kompensieren – etwa, weil in gewissen Lärmzonen keine Baugründe gewidmet werden können. Zudem wurde damit das 2013 abgeschlossene Lärmschutzprogramm im bestehenden Zwei-PistenSystem – sprich: die Finanzierung von Lärmschutzfenstern – realisiert.
Die für 2017 anvisierte Tranche wäre für gemeinnützige Projekte zweckgebunden gewesen. Und für solche haben die Kommunen die zu erwartenden Summen – der Verteilungsschlüssel richtet sich je nach Belastung der jeweiligen Gemeinde – zum Teil bereits budgetiert.
Ausbau, bitte warten
In der 5500-Einwohner-Stadt Fischamend rechnete man etwa mit rund zwei Millionen Euro. „Wir wollten damit die Volksschule neu bauen und unseren neuen Hort bezah- len“, erklärt Bürgermeister Thomas Ram (Liste Fischamend zuerst). „Jetzt müssen wir ganz genau überlegen, was am dringendsten notwendig ist – den Rest müssen wir aufschieben.“
Über das Gerichtsurteil sei man„verwundert undenttäuscht“– schließlich habe man als Kommune bereits auf einiges verzichtet. Zudem sorgt sich der Ortschef um die lokale Wirtschaft und um Arbeitsplätze – wären die sozialen Projekte doch auch an regionale Unternehmen vergeben worden.
In Schwechat (17.674 Einwohner) wurden die Gelder zuletzt zwar nicht budgetiert, doch haben die Stadtverantwortlichen fix damit gerechnet. „Für Schwechat bedeutet das nun, dass ein erheblicher Geldbetrag nicht f ließen wird“, sagt Bürgermeisterin Karin Baier (SPÖ). Insider sprechen von rund vier Millionen Euro, die ausbleiben – ein erklecklicher Batzen Geld für das klamme Stadtbudget.
Einige Projekte werden nun nicht so rasch umgesetzt werden können, wie etwa die Sanierung samt barrierefreiem Umbau einer Neuen Mittelschule. Auch notwendige Kindergarten-Ausbauten werden warten müssen. „Es ist nicht so, dass wir das nunnicht umsetzen. Aber wäre das Geld geflossen, hätten wir mehr tun können. Wir müssen nun knapp budgetieren“, meint Baier, die nach dem BVwG-Urteil auch um den Wirtschaftsstandort Schwechat bangt.
Die Stadt hatte schon einmal mit den Budget-Zahlen getrickst, denn unter Ex-Bürgermeister Gerhard Frauenberger waren bereits für den Haushalt 2015 rund 3,4 Millionen Euro aus dem Umweltfonds veranschlagt gewesen.
Neue Verhandlungen
Obwohl die dritte Piste nicht bewilligt wurde, hoffen die Ortschefs, dass die Mittel aus dem Umweltfonds vielleicht doch noch ausgeschüttet werden – wenigstens zum Teil. Mit dem Flughafen-Managementwill mandaherneu verhandeln.
„Schließlich wurden die Verträge zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, als diese Entwicklung noch nicht absehbar war. Mit diesem Erkenntnis hat ja niemand gerechnet, man ist immer von einer Bewilligung ausgegangen“, sagt Wolfgang Kretschmer, Vorstand des UmweltfondsBeirats. „Die Diskussion muss nun einen neuen Anlauf nehmen– in eine nicht vorhersehbare Richtung.“