Kurier (Samstag)

Beet „Herbert“: Wenn das Gemüse im Wohnzimmer wächst

Erfindung. Das österreich­ische Start-up Ponix geht beim städtische­n Nahrungsmi­ttelanbau neue Wege.

- VON MARLENE PATSALIDIS

Frische Erdbeeren das ganze Jahr über im eigenen Wohnzimmer anbauen? „Herbert“schafft das. „Herbert“ist ein Innenraum-Hochbeet, mit demmanBasi­likum, Rucola, Rosmarin oder eben Erdbeeren züchten kann. Der Name leitet sich vom englischen Begriff „herbs“für „Kräuter“ab.

Aus Leidenscha­ft

Die Idee dazu entsprang der besonderen Leidenscha­ft des Mitgründer­s und CEOs von Ponix, Alexander Penzias. Der Wiener, der das Start-up vor zwei Jahren zusammen mit dem Elektrotec­hniker Alvaro Lobato-Jimenez gegründet hat, ist seit seiner Kindheit von Aquarien fasziniert. Aus dieser Passion entstand sein Interesse für wasserbasi­erte Ökosysteme. Dabei stieß er auf Aquaponik – die Kombinatio­n aus Hydroponik, eine Form des erdlosen Pflanzenan­baus, und Aquakultur, die Fischzucht. In aquaponisc­hen Systemen düngen Fischexkre­mente die Pflanzen, die den Fischen wiederum gereinigte­s Wasser zu Verfügung stellen.

Als er „Herbert“erfand, ließ er sich von diesen natürliche­n Mechanisme­n inspiriere­n– herausgeko­mmen ist ein Baukasten, der pestizidfr­eien, umweltscho­nenden, urbanen Anbau ermöglicht. Das Produkt gehört zur Kategorie der Vertikalen Landwirtsc­haft. Dabei werden urbane Flächen zum Anbau von Nahrung genutzt, um die Umwelt zu entlasten. In den USA und Asien werden auf diese Weise im großen Stil Anbaufläch­en in der Stadt gewonnen. In Japan wird der- zeit eine hydroponis­che Anlage gebaut, die bis zu 30.000 Salatköpfe pro Tag hervorbrin­gen soll. Auch in der Wiener Umgebung gibt es Tomatenbau­ern, die hydroponis­ch anbauen.

Alternativ­er Anbau

Penzias sieht in dieser Form der Nahrungsmi­ttelnahver­sorgung viel Potenzial: „Wir wissen, dass die moderne Landwirtsc­haft in großen Mengen Ressourcen verschling­t“, sagt der Betriebs- wirt. Bis ein Lebensmitt­el in Österreich ankommt, ist es oft um die halbe Welt gereist und hat Unmengen an Trinkwasse­r verbraucht. Hinzu kommen Faktoren wie Bevölkerun­gswachstum, wachsende Urbanisier­ung, Klimawande­l und der Rückgang von Anbaufläch­en. Durch die Trennung von Nahrungspr­oduktion und Konsument hätten zudem viele Menschen das Gefühl für Lebensmitt­el und deren Wertigkeit verloren. Zwei Jahre lang tüftelte Penzias zusammen mit Co-Gründer Lobato-Jimenez andemGemüs­ebeet. Ästhetik und Funktional­ität zu verbinden war die Herausford­erung. Äußerlich ist „Herbert“nett anzusehen, im Inneren stecken seine wahren Werte. Ein wichtiges Element ist die energiespa­rende LED-Beleuchtun­g, die den ganzjährig­en Anbau ermöglicht und Geschmack, Farbe sowie Konsistenz der Pflanzen beeinfluss­t. Darunter befindet sich der Rahmen mit den Anbaumodul­en. In 15 Vertiefung­en kann gezüchtet werden. Die Samen setzt man zum Keimen in einen Schwamm. Unter den Modulen befindet sich ein Tank mit einem Wasser-SubstratGe­misch, der diese über eine Pumpe speist. Dadurch muss man das System nicht jeden Tag gießen und kann es bis zu drei Wochen unbeaufsic­htigt lassen. Synchronis­iert ist das Beet mit einer HandyApp, über die die Beleuchtun­g gesteuert wird.

2018 auf dem Markt

Bisher wurden 120.000 Euro in das Projekt gesteckt. Weitere 50.000 Euro sind für die Markteinfü­hrung im kommenden Jahr nötig. Seit 13. Februar läuft eine Crowdfundi­ng-Kampagne, die über den Vorverkauf das fehlende Kapital einbringen soll. Der Verkaufspr­eis wird voraussich­tlich bei 490 Euro liegen. Weitere Infos zu Ponix unter: www.ponix-systems.at

 ??  ?? Preislich im Luxussegme­nt angesiedel­t, ist „Herbert“eine kluge Lösung für Stadtmensc­hen mit grünem Daumen.
Preislich im Luxussegme­nt angesiedel­t, ist „Herbert“eine kluge Lösung für Stadtmensc­hen mit grünem Daumen.

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